Zeit

Fr 18.10.2024
18.30 Uhr

Ort

Kunsthalle Exnergasse

(c) Hartmut Kiewert, Neighborhood, 2024, Öl auf Leinwand
KunstAusstellungVortrag
Kunsthalle Exnergasse

Radikale Multispezies-Utopien: Künstlerische Kohabitation und Kollaboration mit anderen Tieren

Von engagierter aktueller Kunst wird erwartet, dass sie irritiert, das Bestehende kritisiert, Normen in Frage stellt, systematische Ungerechtigkeiten anklagt und sich immer wieder neue, eigene, experimentelle Regeln gibt. Kunst ist deshalb ein ideales Spielfeld für utopische Spekulationen und Entwürfe. Sie findet immer wieder Wege, utopischer Imagination Gestalt zu verleihen und somit eine radikale Neuorganisation der Welt vorstellbar zu machen. Das kann z.B. eine postanthropozentrische, solidarische Multispezies-Gesellschaft sein, in der Tiere vollwertige Mitglieder sind und in der tierliche Individualität, tierliche Agency sowie tierliche Interessen und Bedürfnisse anerkannt werden.

Die schöpferische Gestaltungsfähigkeit der Kunst, Gedankenexperimenten eine Form zu geben, soll anhand von zwei exemplarischen Schwerpunktthemen diskutiert werden: Einerseits werden Mensch-Tier-Kohabitationsprojekte bzw. künstlerische Mikro-Sanctuaries als bereits verwirklichte Utopien vorgestellt. Andererseits eröffnen uns Ansätze einer ästhetischen Tier-Mensch-Kollaboration bzw. einer tierlichen Ästhetik mögliche Zugänge, Tiere zukünftig als kreative Akteur_innen in ihrer weltbildenden Kraft ernst zu nehmen. In beiden Fällen entfaltet sich das emanzipatorische Potenzial nur, wenn Tiere als gleichberechtigte Gestalter_innen der gemeinsamen Räume und Praktiken beteiligt sind. Dann kann Kunst über ihre angestammte Rolle als Kommentatorin und Katalysatorin gesellschaftlicher Tier-Mensch-Verhältnisse hinauswachsen und zur Aktivistin und Propagandistin für bessere Zukünfte werden und weltverändernde Impulse setzen. Kunst führt dann auch vor, dass Utopien nicht unbedingt in eine ferne Zukunft oder eine entlegene Weltengegend projektiert werden müssen, sondern im Hier und Jetzt möglich sind.

Jessica Ullrich ist Vertretungsprofessorin für Kunstwissenschaft und Ästhetik an der Kunstakademie Münster und Gastdozentin an der Universität der Künste Berlin. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen unter anderem die Tier-Mensch-Beziehungen in den Künsten und der Ästhetik. Sie ist Herausgeberin von Tierstudien, dem ersten akademischen Journal für Animal Studies in Deutschland, und war von 2012–2021 Repräsentantin des transdisziplinären Netzwerks Minding Animals Germany.
 

Der Vortrag ist Teil der Dialog-Reihe "Sniffing Conversations" des Interspecies Art Hub, kuratiert von Lisa Jäger, Lena Lieselotte Schuster und Eva Seiler. 

Mit freundlicher Unterstützung von Stadt Wien Kultur

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