Leben in Angst

Leben in Angst

Eine Reportage von WUK m.power

Im Fach „Deutsch – Kommunikation und Gesellschaft“ des m.power Pflichtschulabschlusskurses setzen sich die Teilnehmer_innen u.a. kritisch mit Medien auseinander, um sich im Anschluss selbst ans Geschichtenerzählen zu machen. Im Rahmen des letzten Kursjahres verfassten die Jugendlichen Reportagen, von denen wir hier die erste vorstellen.

Ein junger Mann namens Reza ist seit 2015 in Österreich. Er ist aus seiner Heimat ausgewandert, weil er sich ein besseres Leben erhofft hat.

Reza ist 24 Jahre alt und ist in Afghanistan geboren. Er hat in Afghanistan ein schweres Leben gehabt, darum entschloss er sich aus dem Land auszuwandern. Sein weg bis Österreich war für ihn eine Weltreise und er musste gefährliche Dinge durchmachen. Als er 2015 in Österreich ankam, stellte er sofort einen Asylantrag und wurde ins Lager Traiskirchen zugewiesen.

Er berichtet: „Traiskirchen ist das Erstaufnahmelager für alle Flüchtlinge in Österreich.“

Ich kenne Reza seit drei Jahren, wir lernten uns in der Schule kennen. Wir verstanden uns sofort und wurden gute Freunde. Heute muss ich Reza im Wald sehen, damit wir spazieren können und wegen der Corona-Pandemie möchten wir uns im Freien unterhalten. Außerdem hat Reza Angst sich in der Stadt sehen zu lassen, weil er bereits einen negativen Asylbescheid bekommen hat.

Ich fragte Reza wie es ihm geht, weil er meiner Meinung nach nicht gut aussah.

Er antwortet: „Ich kann nachts nicht schlafen, mit jedem kleinsten Geräusch - sei es ein Auto, seien es meine Nachbarn im Stiegenhaus - wache ich auf. Wenn ich aufwache bin ich Schweiß gebadet und habe eine furchtbare Angst in mir.“

Ich fragte nach, warum und seit wann er diese Angstzustände hat. Er sagte: „Seitdem ich den dritten negativen Asylbescheid bekommen habe und ich sah, dass mein Freund um vier Uhr morgens von der Polizei abgeholt wurde, damit sie ihn abschieben.“

Ich finde es sehr traurig, dass er unter einer solchen psychischen Belastung stehen muss, weil Reza ein sehr kluger und sehr fleißiger junger Mann ist.

Er kann fünf Sprachen perfekt sprechen. Obwohl er keinen positiven Asylbescheid hat, hat er seinen Maturaabschluss gemacht und hat sich sehr gut integriert. Er hat auch sehr viele Österreicher als Freund, er arbeitet freiwillig beim Roten Kreuz.

Er erzählte weiter: „Ich lebe seit 6 Jahren in Österreich, ich bin ausgewandert, damit ich ein besseres Leben haben kann. Habe mich hier weiterentwickelt, sprachlich sowie Schulbildung und ich integrierte mich in der Arbeitswelt. Ich finde es sehr traurig und beängstigend, dass ich mich soweit entwickelte und noch immer keinen positiven Bescheid bekommen habe. Was ist, wenn sie mich eines Morgens um vier Uhr abholen, damit sie mich abschieben?! Das macht mir Angst und belastet mich psychisch sehr.“

In einem Asylquartier arbeitet eine Betreuerin. Sie sagt: „Es gibt leider viele Jugendliche, die sich sehr gut integriert haben, sei es Schulbildung oder freiwillige Arbeit und sie leiden durch diese Wartezeit bis zum positiven Asylbescheid und durch das Asylverfahren an psychischen Belastungen. Leider können viele diese Belastung nicht aushalten, sie widmen sich Drogen oder Alkohol.“

Im Jahr 2015 haben 25.563 Personen aus Afghanistan einen Antrag auf Asyl gestellt. Davon haben 30% einen positiven Bescheid, 36% einen negativen Bescheid und 34% sonstige Bescheide (Humanitäres Bleiberecht, Subsidiärer Schutz etc.) bekommen.

In der letzten Zeit gibt es in den österreichischen Medien immer wieder Berichte, dass Menschen abgeschoben werden, die sehr gut integriert waren. Vor wenigen Wochen eine georgische Familie. Der Protest dagegen war sehr stark. Das zeigt, dass viele Österreicher sich wünschen, dass Flüchtige, die sich wie meine Freund Reza gut integriert haben, weiter in Österreich bleiben sollen.

Die Hoffnung ist, dass die Politiker das einmal berücksichtigen werden, denn in Österreich werden gut ausgebildete Menschen sehr gebraucht.

 

Autor: Gholam Mohammadi

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