QUEERE HOME MOVIES: DAS SCHWULE TREFFEN
Filmscreening mit Einführung und kollektivem Gespräch
Die Sonne scheint, nackte Haut im grünen Idyll, dazu Workshops und ein paar melancholische Lieder: Zu Pfingsten 1977 findet, organisiert durch die Gruppe CO (Coming Out), das erste Schwulentreffen Österreichs statt. In der Illegalität, wie einzuräumen bleibt, denn es herrschen nach Abschaffung des Totalverbots 1971 neue strafrechtlich relevante Gesetze, darunter ein anti-homosexuelles Werbe- und Vereinsverbot: „Wer in einem Druckwerk, in einem Laufbild oder sonst öffentlich zur gleichgeschlechtlichen Unzucht (…)“ auffordert, dem droht eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten – und vor allem die gesellschaftliche Ächtung. Umso bemerkenswerter, dass dabei ein Film entsteht: Er dokumentiert die keinesfalls selbstverständliche Zusammenkunft. Rund 250 Homosexuelle aus dem deutschsprachigen Raum treffen sich wider die diskriminierenden Bestimmungen in einer Purkersdorfer Villa: Politische Beziehungen, Selbsterfahrung, schwule Kultur und Körperlichkeit stehen dabei im Zentrum. Beim ersten Tuntenspaziergang durch Wien wird schließlich die Fremdwahrnehmung durch die nichtschwule Öffentlichkeit ausgecheckt.
Lange Zeit galt der Film DAS SCHWULE TREFFEN (1977) als verschollen, nun ist er wieder aufgetaucht: Der Filmemacher möchte lieber anonym bleiben. Queere Amateurfilme (aka ephemere Filme) sind besondere historische Quellen: In illegalisierten Kontexten entstanden, verwehren sie sich – als subkulturelle Dokumente – oft einer institutionellen Speicherung und Langzeitsicherung, aber auch einer größeren Ausstellung. Sie sind – bildethisch wie materiell – prekär und flüchtig. In der Unmittelbarkeit der filmischen Bilder vermittelt sich zugleich ein „sense of place“, wird queere Geschichte in Bewegung erlebbar. Die Veranstaltung lädt dazu ein, über den frisch digitalisierten Film ins Sprechen zu kommen und zu sammeln: Was ist in diesen Bildern zu sehen? Was sehen jene darin, die damals dabei waren? Und was jene Vertreter*innen jüngerer Generationen, die es nicht waren? Welchen Wert haben diese Bilder für eine geteilte queere Bewegungsgeschichte?
Vermittler_innen:
Katharina Müller leitet die Abteilung für Forschung, Vermittlung und Publikationen des Österreichischen Filmmuseums. Sie forscht im Rahmen einer FWF-Elise-Richter-Stelle am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften (IFK) zur Visuellen Geschichte von LGBTIQ* in und mit Verbindungslinien nach Österreich (1900-2010)“.
Andreas Brunner ist Co-Leiter von QWIEN – Zentrum für queere Geschichte. Seit den späten 1980er-Jahren aktivistisch tätig, u.a. Mitbegründer der Regenbogen Parade. Zahlreiche Forschungsarbeiten, Publikationen und Ausstellungen zur queeren Geschichte Wiens mit Schwerpunkt auf die NS-Verfolgung, sowie Entwicklung und Durchführung queerer Stadtspaziergänge.
Sonderveranstaltung in Zusammenarbeit mit QWIEN und dem Österreichischen Filmmuseum