Performance Brunch: Kunst, Heimat und gemeinsames Essen
Seit mehr als zehn Jahren lädt der Performance Brunch dazu ein, über Heimat, Tradition und gesellschaftliche Prägungen nachzudenken – abseits von Klischees und Schlagworten. Ein Format, das Kunst, Dialog und Kulinarik verbindet und nun erstmals im WUK zu Gast ist. Die künstlerische Leiterin Regina Picker gibt im WUK Magazin Einblick in das Format und was die Besucher*innen beim kommenden Performance Brunch sowohl kulinarisch als auch künstlerisch im WUK am So 14.9. erwarten wird.
Im künstlerischen Mittelpunkt des Performancebrunch‘ stehen die Themen Heimat, Tradition und die (De-)Konstruktion von Brauchtum. Warum rückst du mit dem Programm genau diese Themen ins Zentrum?
Regina Picker: Die Beschäftigung mit diesem Themenfeld hat vor nun mehr als 10 Jahren aus einer Beobachtung heraus begonnen, dass es in der zeitgenössischen Kunstszene in Österreich ein gefühltes „No-Go“ war, diese Themen zu berühren. Tatsächlich hatten wir mit dem Format neben Neugier auch schräge Blicke und Unsicherheit, wo man das Format einordnen soll. Performance und Volkstanz oder Jodeln, geht das zusammen? Ist man da nicht automatisch konservativ und/oder rechts? Gleichzeitig sind wir zu Beginn der eigenen künstlerischen Auseinandersetzung auf Kolleg*innen gestoßen, die sich ebenfalls mit diesem Feld abgearbeitet haben mit vielen verschiedenen Fragen und Herangehensweisen, siehe Rückschau der Veranstaltungen auf unserer Website. Ehrlich gesagt war uns zu Beginn nicht klar, dass das Eintauchen in traditionelle Praktiken, Bräuche und dann den Begriff Heimat sich über so einen langen Zeitraum entwickeln würde. Aber erst durch das eigene Tun, Hinschauen und Hinterfragen wurden die Querverbindungen, Zuordnungen und tiefen gesellschaftlichen Prägungen bewusst. Daraus ist eine gefühlte Notwendigkeit gewachsen - es braucht Räume, in denen das Thema Heimat betrachtet und zur Diskussion gestellt wird abseits von politischen Debatten und medialen Ausschlachtungen. Kunst kann solche Räume anbieten. Der Performance Brunch kreiert eine Atmosphäre, in der Menschen mit verschiedenen Hintergründen aufeinandertreffen und in das Themenfeld eintauchen und sich im Dialog austauschen können.

Nach jeder Performance hat das Publikum gemeinsam mit den Künstler*innen die Möglichkeit sich an kulinarischen Köstlichkeiten zu erfreuen. Warum verbindet der Performance Brunch Kunstgenuss mit dem gemeinsamen Essen?
Regina Picker: Ein gemeinsames Essen ist ein eigenes Ritual, welches viele Feiern und Lebensfeste aller Art begleitet. Beim Performance Brunch schafft das Essen einen Rahmen, in dem man mit einem Begrüßungssnack entspannt ankommen kann und Willkommen geheißen wird. Meistens passiert dadurch eine Entschleunigung. Die Antizipation als auch die Partizipation der künstlerischen Arbeiten verändert sich in diesem Rahmen, es wirkt familiärer, intimer und entspannter und mit einer Entspanntheit geht meist eine Offenheit einher. Nach einer Pause mit einer physischen Stärkung geht es weiter mit künstlerischem Programm und erst als Abschluss wird die gemeinsame Tafel eröffnet, um das Gesehene noch wirken lassen zu können, zu reflektieren oder einfach eine gemütliche Zeit mitsammen zu verbringen. Eigentlich ist es mehr ein gemeinsames Mittagessen bei dem dann alle zusammensitzen. Das gemeinsame Essen ist ein verbindender Moment, der fortsetzt, was meist davor schon in interaktiven Teilen angeregt wurde. Es freut immer wieder aufs Neue, wenn – manchmal erst Jahre später -erzählt wird, wer sich beim Performance Brunch kennen gelernt und vernetzt hat.
Im Performance Brunch wird nicht nur konsumiert, sondern mitgedacht und mitdiskutiert. Welche Strategien nutzt du, um das Publikum so aktiv einzubinden?
Regina Picker: Tatsächlich war der Gedanke von Anfang an dabei, dass ein künstlerischer Part interaktiv sein soll, das kann ein gemeinsames Tanzen oder Singen sein oder in den letzten Jahren gezielt eingeladene Gesprächsformate. Diese partizipativen, künstlerischen Teile dienen einerseits als „Icebreaker“, um ein Durchmischen des Publikums einzuleiten, aber auch als vertiefender Moment, um mit dem eigenen Körper, dem eigenen Denken und sich Ausdrücken in die Materie einzutauchen und sich aktiv darin zu bewegen und eben nicht nur zu konsumieren und sich berieseln zu lassen. Wir laden gezielt Künstler*innen ein, die partizipative Projekte entwickelt haben und daraus ergeben sich verschiedene Settings, jeweils auch thematisch zu den anderen künstlerischen Arbeiten abgestimmt. Denn es geht um das Gesamterlebnis beim Performance Brunch, das Ineinandergreifen der Einzelteile.
Der Performance Brunch findet an wechselnden Orten in ganz Österreich statt. Welchen Einfluss hat der Raum auf das Setting und wie beeinflusst die Atmosphäre (den künstlerischen Prozess) die Veranstaltung?
Regina Picker: 2014 hat die erste Veranstaltung im Volkskundemuseum Wien im 8. Bezirk stattgefunden und wir haben dort vom Keller, Garten bis zum Dachboden die unterschiedlichsten Räume bespielt. Ab 2017 tourt das Format auch durch mehrere Bundesländer wie Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg und heuer findet der Performance Brunch bereits zum 2. Mal in Luxemburg statt. An den verschiedenen Orten gibt es Kooperationspartner*innen aus den Feldern zeitgenössischer Tanz, Bildende Kunst und Theater. Wenn es die Location zulässt, schauen wir, dass die eingeladenen Stücke ihren eigenen Raum bzw. Platz bekommen und das Publikum „mitwandert“. Dies ermöglicht, dass wirklich jede künstlerische Arbeit ein eigenes „Bühnensetting“ und die volle Aufmerksamkeit bekommt, um ganz zur Wirkung zu kommen, trotz oft reduzierter technischer Ausstattung und Möglichkeiten. Wenn man die Trailer der vergangenen Jahre durchforstet, gleicht keine Veranstaltung der anderen, da fast immer ein komplett anderes Programm gezeigt wird, ausgesucht und zusammengestellt für den jeweiligen Ort. In den Bundesländern sind auch immer Arbeiten von Künstler*innen aus der Region dabei, die wir nach Möglichkeit dann auch an andere Orte einladen und so ist das Format auch für Künstler*innen eine Möglichkeit sich untereinander zu vernetzen und zu touren. Auch das macht das Format besonders, da es nicht so viele Möglichkeiten in Österreich gibt, Kurzstücke in der Freien Szene zu touren. Es ist jedes Mal aufregend, wenn ein geplanter Performance Brunch dann tatsächlich stattfindet, denn die Atmosphäre gestaltet sich auch durch die Besucher*innen und die Dramaturgie der Arbeiten zueinander entfaltet sich ja erst direkt bei der Veranstaltung. Es ist immer eine Freude, wenn Besucher*innen mit einem runden und beglückten Gefühl nach Hause gehen, selbst bei manchmal schweren Themen wie der Umgang mit Tod und Trauer oder Gedenkkultur rund um den 2 Weltkrieg.

Beim Performance Brunch am 14.9. steht das Thema Welt – WÖD – im Vordergrund. Welche Künstler*innen hast du dafür eingeladen und was kann das Publikum erwarten?
Regina Picker: Das künstlerisch-kulinarische Format Performance Brunch findet am 14. September 2025 erstmalig im WUK statt. Die Untertitel sind immer Wörter aus Dialekten entlehnt. WÖD bedeutet Welt und im Wienerischen auch großartig, hervorragend. Auf der Performance Brunch Bühne zu sehen sind diesmal folgende Künstler*innen aus dem WUK: Julia Vandehof (ttp) zeigt einen „work in progress“ Ausschnitt über das Ankommen und Zurückkehren. Die Gruppe Clownfish (GPI) mit Niloufar Farahmand, Naghmeh Rezaeinejad, Pooyan Maghaddassi verbindet Musik und Sprache zu einer künstlerischen Collage über Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit. Athina Androulidaki (ttp/ao) tanzt zur Musik von Konstantina Polychronopoulou, interpretiert von der Sängerin Margherita Vacante – ein Spiel mit Tradition, zeitgenössischer Kunst und Identität. Regina Picker (ttp), Leiterin des Formats lädt das Publikum außerdem zum Dialogspiel „about home“ von Teresa Distelberger ein. Ein Gesprächsformat, in dem die vielen Aspekte rund um den Begriff Heimat und sich daheim fühlen zur Sprache kommen, indem in Kleingruppen Geschichten ausgetauscht werden und man sich im Zuhören zu eigenen Erinnerungen inspirieren lässt. Die Köchin Margit Preiß, bekannt aus dem WUK Hort, hat sich ein tolles Menü überlegt:
Zur Begrüßung Yuffka Ecken mit Schafkäse gefüllt, auf Tahina Creme. In der Pause Fenchelcremesuppe. Brunch Melanzani mit Mozzarella gratiniert, Veganes Fisolenragout, Kürbis mit Ziegenkäse gratiniert, Bulgur, Smashed Potatoes, Belugalinsensalat mit gegrilltem Paprika, Melonensalat mit Minze. Zum Dessert gibt es Zimt – Topfenbällchen.
Das gesamte Menü ist vegetarisch, kann aber auf Wunsch auch vegan zubereitet werden. Wir bitten um eine Anmeldung zur Veranstaltung bis 10. September, damit wir die Essensportionen planen können.
Wir freuen uns sehr, dass wir die Durchführung des Performance Brunch WÖD als „transversales Projekt“ im WUK unterstützen können. Der „WUK Transversale Topf“ dient der Förderung von bereichsübergreifenden Projekten, die im Haus stattfinden, und wird jährlich mittels internem Call ausgeschrieben.