Vernetzt und gemeinsam unterstützen

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Das war der WUK Bildungs- und Beratungstag 2022

Unter dem Titel „Leben in interessanten Zeiten“ widmete sich der WUK Bildungs- und Beratungstag 2022 der Frage, wie Jugendliche in einem konstanten Krisenmodus ihre Zukunft planen können.

Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause eröffnete Geschäftsleiter Christoph Trauner am 11. Oktober 2022 den voll ausgebuchten WUK Bildungs- und Beratungstag. In der Klinik Floridsdorf wurde zuerst über die gravierenden psychischen und sozialen Folgen der COVID-19-Pandemie für junge Menschen reflektiert.

Danach präsentierten Expert_innen Lösungsvorschläge und diskutierten gemeinsam mit Moderatorin Lisa Mayr und den 240 Anwesenden und zahlreichen Zoom-Teilnehmer_innen live sowie per Slido über Mobiltelefon darüber, wie man gemeinsam Angebote schaffen kann, um Jugendliche in Krisenzeiten zu unterstützen. Zusätzlich wurden die Inhalte der Veranstaltung live von Petra Plicka per Graphic Recording in Form von Zeichnungen visualisiert.

Die gegenwärtige Situation mit dem Krieg in der Ukraine, der Energie- und Klimakrise, der Inflation und der Pandemie und damit verbunden auch die Arbeit und die Finanzen führen selbst bei den Teilnehmer_innen der Veranstaltung derzeit zu Zukunftssorgen, Existenzangst, Unsicherheit und Übermüdung, wie die Slido-Frage nach den aktuellen Belastungen belegte, die den Einstieg ins Thema darstellte.

Zur gegenwärtigen Situation

Insbesondere bei jungen Menschen – und hier besonders stark bei Mädchen, Jugendlichen mit diversem Geschlecht und Jugendlichen mit Migrationshintergrund – haben die psychischen Belastungen seit der Pandemie enorm zugenommen, wie Andrea Jesser in ihrem auf Forschungsergebnissen der Universität für Weiterbildung Krems basierenden Vortrag aufzeigte.

Besonders hoch waren die Belastungen für jene jungen Menschen, die ohnehin schon benachteiligt sind und durch die Wohnsituation, Distance Learning, Betreuungsaufgaben und fehlende Möglichkeiten der Freizeitgestaltung unter einer zusätzlichen Mehrfachbelastung litten, berichtete Veronika Wöhrer in ihrem Vortrag über die Längsschnittstudie „Wege in die Zukunft“ der Universität Wien.

Der Philosoph und Leiter des AMS Gänserndorf Georg Grund-Groiss verortete in seiner Reflexion bei den jungen Menschen darüber hinaus eine Krise der Anerkennung, die eine Gefahr des Selbstverlustes mit sich bringt und neue arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und neue Wege zur Anerkennung nötig macht, die eine Selbstbestimmung innerhalb der sozialen Gemeinschaft ermöglichen.

Bevor der Fokus auf geeignete Lösungsvorschläge gerichtet wurde, wurden die Teilnehmer_innen in einer kurzen Pause von jungen Menschen der Tourismusschule Bergheidengasse, die auch die reibungslose Organisation der Veranstaltung unterstützten, kulinarisch versorgt.

Den Einstieg in den zweiten Teil der Fachtagung bildete die Premiere eines kurzen Videos, das anlässlich des 10-jährigen Bestehens der WUK Jugendcoaching-Projekte und der WUK Arbeitsassistenz entstand sowie die Präsentation der zu diesem Anlass entstandenen Festschrift. Einen gebührlichen Applaus und ein Dankeschön gab es für die dafür interviewten Teilnehmer_innen der Projekte, die persönlich auf die Bühne kamen.

Begleitung durch unsichere Zeiten

Dann wurden schließlich verschiedene Angebote und Lösungsansätze für Jugendliche vorgestellt. Markus Böckle berichtete, wie das Projekt und die Plattform open2chat aus einer Befragung von Jugendlichen zu ihrem Unterstützungsbedarf entstand, die den Wunsch nach einer anonymen, schriftlichen Online-Möglichkeit äußerten, mit Gleichaltrigen über ihre Probleme zu sprechen. Dazu werden junge Menschen zu Peer-Begleiter_innen ausgebildet.

Angelina Koschel erzählte von den Projekten #change und Gesund aus der Krise, die in Zusammenarbeit des Berufsverbands Österreichischer PsychologInnen (BÖP) mit dem Sozialministeriumservice bzw. dem Gesundheitsministerium durchgeführt werden. Der Fokus liegt darauf, Jugendlichen in Folge der Herausforderungen der Pandemie psychologische und psychotherapeutische Unterstützung, Beratung und Behandlung anzubieten.

Andrea Jesser stellte die niederschwellige Selbsthilfeplattform IstOkay vor, die Jugendlichen mit psychischen Belastungen über psychoedukative Videos, Screening-Fragebögen und evidenzbasierte Handlungsempfehlungen online Hilfe anbietet.

Britta Schmidjörg erzählte schließlich kurz von der Arbeit von WUK CoachingPlus, das bereits seit 15 Jahren jungen Menschen mit psychischer Beeinträchtigung und Autismus-Spektrum-Störungen unterstützt, bevor Karin Andre das spezialisierte Angebot der WUK Arbeitsassistenz präsentierte.

Wie können Jugendliche in einem konstanten Krisenmodus ihre Zukunft planen?

In einem gemeinsamen Publikumsgespräch – das wieder durch die Möglichkeit, sich über die App Slido zu beteiligen, digital erweitert wurde – wurden viele Fragen zu den spannenden Projekten gestellt. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass es gerade in einer Zeit, in der Jugendliche so stark belastet sind, noch mehr Zeit und Flexibilität brauchen würde, wie zum Beispiel die Möglichkeit einer Lehre in Teilzeit auch in der überbetrieblichen Lehrausbildung.

Nach ein paar Abschlussworten des Bezirksvorstehers von Floridsdorf Georg Papai gab es im Anschluss im Rahmen eines entspannten Ausklangs am neuen Standort von WUK CoachingPlus schließlich auch noch die Gelegenheit, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dieses Projekts kreativ zu erforschen.

Welche Conclusio lässt sich aus dem WUK Bildungs- und Beratungstag ziehen?

Es ist bereits viel Know-How und Expertise vorhanden und damit auch eine Grundlage, um Jugendliche in unseren Krisenzeiten besser bei der Planung ihrer Zukunft unterstützen zu können. Strukturen geben gerade in unsicheren Zeiten Halt und Orientierung. Nur vernetzt und gemeinsam sowie mit den nötigen Ressourcen können wir jedoch auch die passenden Unterstützungsangebote schaffen, um Jugendlichen diese Strukturen anzubieten und sie bei ihrem Weg in die Selbstermächtigung und gesellschaftliche Teilhabe zu unterstützen, was wiederum wesentlich für die psychische Gesundheit ist.

Text und Fotos: Susanne Senekowitsch, WUK Bildung und Beratung

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