"Ich möchte das WUK für die nächsten hundert Jahre sichern!"

"Ich möchte das WUK für die nächsten hundert Jahre sichern!"

WUK retten. Jetzt!

Brigitte Theißl hat mit Ute Fragner, Obfrau des Vereins WUK, und Vincent Abbrederis, Geschäftsleiter Kultur und Verwaltung, über die aktuelle Spendenaktion, über elektrische Leitungen, Verhandlungen mit der Stadt Wien und gelebte Solidarität gesprochen.

WUK retten. Jetzt!“: Nach über 160 Jahren intensiver Nutzung ist eine umfassende Sanierung des denkmalgeschützten, 12.000 m2 großen Gebäudes dringend notwendig. In einer ersten Phase müssen die elektrischen Anlagen saniert werden. Die Kosten dafür belaufen sich auf 850.000 Euro. Einen beträchtlichen Teil wird das WUK selbst aufbringen. Der Verein ist aber auch auf die Unterstützung der Stadt Wien und die Hilfe jedes/jeder einzelnen angewiesen. Aus diesem Grund wurde eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Ziel ist, den Fortbestand des einzigartigen soziokulturellen Zentrums WUK zu sichern.

Für die erste Phase der dringend notwendigen Sanierung braucht es 850.000 Euro. Warum setzt ihr auf Spenden?

Ute Fragner: Spenden sind für uns eine Möglichkeit, zusätzlich Gelder zu lukrieren. Darauf sind wir angewiesen. Wir sind überzeugt davon, dass es vielen Menschen wichtig ist, dass es das WUK auch weiterhin gibt!

Vincent Abbrederis: Das WUK ist sehr niederschwellig und bietet kostengünstige oder kostenfreie Räume für Schulen, Senior_innen, Künstler_innen, zivilgesellschaftliche und interkulturelle Initiativen. Dadurch ist es für uns nicht möglich, das notwendige Geld zur Gänze intern aufzubringen. Unsere Überlegung war, dass es viele Menschen gibt, die über die Jahrzehnte hinweg von diesem niederschwelligen Zugang profitiert haben. Die vielleicht in einer Kindergruppe waren oder hier in die Schule gegangen sind, Workshops besucht haben. Die also das Haus in seiner Vielschichtigkeit kennen und schätzen gelernt haben. Und jetzt hoffen wir, dass uns diese Menschen beim Erhalt des Hauses unterstützen, wenn ihnen das möglich ist. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir das gemeinsam schaffen können.

Ute Fragner: Meine Tochter ist im WUK in die Kindergruppe gegangen und hat heute noch Freund_innen aus dieser Gruppe. Bei ihnen fällt oft der Satz: „Diese Kindergruppe war das Beste, was ihr für uns getan habt“. Ich denke zum Beispiel an einen Burschen, der in einer Privatschule niemals zurechtgekommen wäre – und in einer öffentlichen Schule schon gar nicht. Seine Mutter hatte als Alleinerzieherin sehr wenig Geld, wir haben ihm die Teilnahme als Kollektiv trotzdem ermöglicht. Und er ist dort regelrecht aufgeblüht, hat später studiert. Wir möchten hier kein elitärer Raum sein, das WUK und seine Angebote sollen möglichst niederschwellig gestaltet werden. Bei den vielen positiven Beispielen geht mir das Herz auf – und deshalb möchte ich das WUK auch für die nächsten hundert Jahre sichern!

WUK Fassade mit Transparenten "Wir wollen Werkstätten und Kulturhäuser des Friedens", s/w Fotografie
(c) Robert Newald

Was passiert konkret mit den 850.000 Euro?

Vincent Abbrederis: Das ist die Summe, die wir möglichst bald brauchen, um die elektrischen Anlagen zu sanieren. Langfristig gesehen braucht es eine viel höhere Summe, zum Beispiel für die Realisierung der Barrierefreiheit, aber das ist das, was aktuell ansteht. Natürlich erfüllt das WUK sämtliche Auflagen und Sicherheitsstandards wie jedes andere Kulturhaus auch, aber das Haus ist 160 Jahre alt und muss saniert werden.

Ute Fragner: Das Gebäude wurde früher als Schule und Museum genutzt und seit Jahrzehnten wurde nicht in Grundsätzliches investiert. Als wir es vor 38 Jahren in baufälligem Zustand übernommen haben, haben wir vieles nur notdürftig hergerichtet und renoviert. Wir nutzen das Gebäude bis heute in Form eines Prekariums, das heißt, es gibt keinen Mietvertrag und die Eigentümerin Stadt Wien könnte es jederzeit und kurzfristig zurückfordern. Außerdem sind in den letzten Jahren verschärfte Rechtsnormen hinzugekommen – was positiv ist – und diese erfordern eine Sanierung der bestehenden Anlagen.

Das WUK steht schon länger in Mietvertragsverhandlungen mit der Stadt Wien. Gibt es hier Neuigkeiten? Ist die Stadt Wien interessiert daran, das WUK langfristig zu erhalten?

Vincent Abbrederis: Die Gespräche liefen zwischenzeitlich konfliktbeladen. Es gibt nun aber ein grundsätzliches Bekenntnis dazu, gemeinsam eine Lösung für das WUK zu finden. Wie diese genau ausschaut, wissen wir aber noch nicht. Die Forderung einer Jahresmiete, die so hoch ist wie unsere jährliche Kulturförderung, ist für uns fern jeglicher Realität.  Wir können keine 100.000 Euro Miete pro Monat zahlen.

Ute Fragner: Bei der Feier zu 30 Jahre WUK hat Michael Häupl 2011 gesagt: „Wenn es das WUK nicht gäbe, müsste man es erfinden.“ So etwas hören wir immer wieder, aber eine konkrete Lösung steht aus. Wir brauchen einen Mietvertrag mit der Stadt Wien, der realistische Bedingungen für uns bietet. Eine ortsübliche Miete im 9. Bezirk ist für das WUK einfach nicht zu stemmen. Wir machen ein ambitioniertes Kulturprogramm, wir sind Dach für 150 Gruppen im Kunst- und Sozialbereich, wir betreiben 10 Bildungs- und Beratungsprojekte. Da muss es eine geeignete Form der Subventionierung für Sanierungsmaßnahmen geben. Wir sind guter Dinge, dass es zu einer langfristigen vertraglichen Absicherung kommt. Das WUK tut schließlich nicht nur jenen gut, die es nutzen. Das WUK ist gut für Wien.
Im Haus haben wir selbst immer das renoviert und saniert, was uns möglich war. Einzelne Gruppen haben zum Beispiel für einen neuen Boden oder ein behindertengerechtes WC zusammengelegt. Finanzielles ist bei uns permanent Thema: Wer kann vielleicht etwas mehr zahlen, wer kann vorübergehend gar nichts zahlen. Die Gruppen hier leisten ganz wichtige Arbeit für die Gesellschaft und das zu 90 Prozent ehrenamtlich. Und wir wollen eben keine neoliberale Doktrin: Wer nicht zahlen kann, fliegt raus.

Wenn die Sanierungsarbeiten starten, wird dann der Betrieb im WUK eingeschränkt sein? Oder schließt das WUK für eine längere Zeit?

Vincent Abbrederis: Unser oberstes Ziel ist es, die Unterbrechungen so kurz wie möglich zu halten, sodass der Betrieb im WUK weiterlaufen kann.

Ute Fragner: Wir haben noch keinen detaillierten Ablaufplan für die Sanierung, weil sie finanziell noch nicht gesichert ist. Aber wir möchten sie in Etappen durchführen. Wir können das WUK nicht für ein, zwei Jahre gänzlich schließen wie das Parlamentsgebäude. Vier Wochen Schließung im Sommer wären aber sicherlich denkbar.

Das internationale Netzwerk Civicus hat vor Kurzem das Zivilgesellschaftsrating in Österreich von bisher „offen“ auf „eingeengt“ herabgestuft. Welchen Beitrag leistet das WUK für eine lebendige Zivilgesellschaft in Wien und Österreich?

Vincent Abbrederis: Das WUK bietet unterschiedlichste Angebote für Jung und Alt und die Möglichkeit, sich handwerklich oder künstlerisch zu erproben und zu betätigen. Das WUK stellt außerdem Freiräume für das Aufgreifen und Diskutieren kritischer und zukunftsorientierter Fragestellungen zur Verfügung. Daher ist das WUK immens wichtig für die Weiterentwicklung der Zivilgesellschaft. Gäbe es das WUK nicht mehr, dann würde dieser Stadt sehr viel fehlen. Wir sind Stadtversorger, aber wir sind auch in ganz Österreich und in Europa bekannt. Wir haben in ganz verschiedenen Bereichen eine umfassende Expertise und geben diese auch gerne weiter.

Ute Fragner: Im WUK kommen die unterschiedlichsten Gruppen und Menschen zusammen und verständigen sich über Dinge des Alltags, über das, was ihnen wichtig ist. Alle können mitreden, ihre Bedürfnisse einbringen und gestaltend tätig sein. Ich lerne, wie ich konstruktiv Kritik üben kann, wie ich mich in eine Gruppe einbringe, mit anderen gemeinsam Lösungen finde. Menschen erleben sich so als handlungsmächtig statt ohnmächtig, sie gestalten Gesellschaft, sie leben Demokratie. Dieses Erlebnis ist nicht nur für die persönliche Weiterentwicklung enorm wichtig, sondern für das gesellschaftliche Zusammenleben insgesamt. Im Haus gibt es unterschiedliche Gruppen, die zum Beispiel in ihren Herkunftsländern verfeindet sind – und hier miteinander solidarische Lösungen finden. Natürlich läuft es nicht immer konfliktfrei ab, aber mit diesen Konflikten kann eben umgegangen werden. In dieser Vielfalt liegt eine unglaubliche Stärke. Unterschiedliche Menschen arbeiten hier mit Energie und Lebensmut an einer solidarischen Zukunft.

Was können die Leser_innen im Moment konkret für das WUK tun?

Ute Fragner: Unser Ziel ist eine vertragliche Absicherung mit der Stadt Wien. Falls die Verhandlungen ins Stocken kommen, brauchen wir auf jeden Fall Unterstützung. Dann brauchen wir Rückenwind. Im Moment hilft es uns, wenn Menschen weitererzählen, was sie Tolles im WUK erlebt haben und wie wichtig es für sie ist, dass das WUK auch bestehen bleibt. Und natürlich spenden! Denn jeder Euro zählt!

Brigitte Theißl lebt als freie Journalistin und feministische Erwachsenenbildnerin in Wien. Sie ist Redakteurin beim feministischen Magazin an.schläge und bloggt unter www.denkwerkstattblog.net

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