Zeit

Mi 16.6.2004 - Fr 23.7.2004

Ort

Kunsthalle Exnergasse

Permanent Produktiv, Reinigungsgesellschaft, 2004, Detail
Kunst

PERMANENT PRODUKTIV

Ausstellung

"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit". Die Vorstellung vom Künstler / von der Künstlerin als personifizierter Müßiggang hat sich bis heute bewahrt. Das Bild des / der autonomen Künstlers / Künstlerin im einsamen Atelier gehört jedoch einer bürgerlich verunklärten Vergangenheit an. KünstlerInnen sind klassische Selbstausbeuter. Heute sind sie Ideen-Pool, ProduzentInnen und PR-AgentInnen in einer Person - ohne soziale Sicherung. So verkörpern sie den Prototyp des Selbstunternehmers, der im Zuge digitaler Umwälzungen den Erwerbsarbeiter ablösen soll. Auch WissenschaftlerInnen, StartUp-ManagerInnen und PolitikerInnen diskutieren in diesem Sinne die Relevanz dieses durchaus problematischen Modells künstlerischer Lebensführung für eine moderne Dienstleistungsgesellschaft. Vor dem Hintergrund der Autonomie der Kunst als humaner Handlungsraum, der einen originären Wert hat, kann Kunst Diskussionen über individuelle und gesellschaftliche Leitbilder anstoßen. Im Sinne dieses Strukturwandels untersucht Permanent Produktiv den sich verändernden Arbeitsbegriff anhand eines erweiterten Kunstbegriffs.

Arbeit, Beruf, Karriere, Selbstverwirklichung - die Philosophie des "Survival of the Fittest" - stehen gegenwärtig, wo die Politik des Neoliberalismus unsere New Economy-Gesellschaft zunehmend prägt, Nichtstun, Muße, ehrenamtlicher Tätigkeit und Solidarität scheinbar diametral gegenüber. Arbeit wird als sichtbare, in Kapital umsetzbare Produktivität begriffen. Was aber ist mit den alltäglichen Beschäftigungen, den notwendigen, sinnlosen oder selbstgewählten Betätigungen? Sind sie nur in Kauf genommenes Beiwerk der Effektivität oder vielmehr Keimzelle von Identitätsbildung? Was bedeutet nichts tun in einer Welt der Professionalisierung? Permanent Produktiv greift Diskussionen um die Begriffe Arbeit und Freizeit und deren damit einhergehende gesellschaftliche Bewertung auf. Welche Zukunftsperspektiven bietet eine Gesellschaft, in der Arbeit im klassischen Sinne immer weniger wird, dem Individuum? Welche Möglichkeiten und welche Gefahren liegen in der zunehmend positiven Bewertung von Begriffen wie Selbständigkeit, Eigenverantwortung und soziale Kompetenz?

 

Permanent Produktiv befasst sich mit künstlerischen Positionen, die diese Begriffe hinterfragen und innovative sowie alternative Modelle des Arbeits- und Produktivitätsbegriffs im gesellschaftlichen Feld entwerfen, wie sie deregulierte Verhältnisse dokumentieren und kritisieren. Das Spannungsfeld der künstlerischen Projekte umfasst unter anderem die Reflexion gegenwärtiger und zukünftiger Arbeitsbegriffe sowie die unmittelbare bzw. modellhafte Gestaltung von gesellschaftlichen Strukturen. Hinzu kommen ein leidenschaftliches Plädoyer für das Nichtstun als regressiver Freiraum der Kreativität, sinnlose Exerzitien des beständigen Übens und Scheiterns, die Analyse obsessiver Handlungsmuster, Beispiele idealistisch motivierter Selbstausbeutung sowie den erwünschten wie unerwünschten Nebenwirkungen von Workaholism und Freizeitstreß.

TeilnehmerInnen:

BIG HOPE (Miklós Erhardt/Dominic Hislop), Nin Brudermann, buero für integrative kunst (Jörg Amonat/Stefan Krüskemper), Armin Chodzinski, Die Glücklichen Arbeitslosen, Barbara Holub, David Jourdan, Hannes Kater, Matthias Klos, Danica Phelps, Reinigungsgesellschaft (Martin Keil/Henrik Mayer), Oliver Ressler, Elisabeth Schimana/Markus Seidl, Corinna Schnitt, Henrik Schrat, Nicole Six/Paul Petritsch, André Tschinder

Kuratorinnen:

Gabriele Mackert, Jeanette Pacher

Reality Check

Selbstreflexive Analyse der Arbeits- und Produktionsbedingungen der beteiligten KünstlerInnen und Kuratorinnen