Der marktgerechte Mensch
Europa ist im Umbruch. Seit dem neuen Jahrtausend und zuletzt nach der Finanzkrise wurden neue Weichen gestellt. Die soziale Marktwirtschaft, gesellschaftliche Solidarsysteme, über Jahrzehnte erstritten, stehen zur Disposition. Besonders der Arbeitsmarkt und mit ihm die Menschen verändern sich rasant. Hier setzt der kürzlich erschienene Film „Der marktgerechte Mensch“ von Leslie Franke und Herdolor Lorenz an: In Deutschland arbeiten heute nur mehr 38% der Beschäftigten in einem Vollzeitjob mit Sozialversicherungspflicht. Der Film zeigt Fahrer_innen für Essenslieferanten, die von einem Algorithmus gesteuert werden, Beschäftigte des Einzelhandels, die auf Abruf arbeiten, Crowdworker, die auf Internet-Plattformen mit der ganzen Welt konkurrieren. Auch Menschen in bisher sicher geglaubten Arbeitsstrukturen an Universitäten sehen sich mit befristeten Arbeitsverhältnissen konfrontiert. Der gemeinsame Nenner: Der Arbeitgeber zieht sich aus sozialen Verpflichtungen zurück und lädt das wirtschaftliche und soziale Risiko auf den Rücken der Beschäftigten.
In einer Welt, die von Konkurrenz, Ausbeutung und uneingeschränkter Freiheit der Investoren getrieben ist, gibt es ein wesentliches Prinzip: „Race to the bottom“, der Wettbewerb um immer schlechtere Arbeitsbedingungen und niedrigere Löhne bei missachteter Menschenwürde. Der Film will Mut machen, sich einzumischen und zusammenzuschließen. Denn ein anderes Leben ist möglich.
Anschließend Filmgespräch mit Lisa Mittendrein (Attac), moderiert von Ricarda Reichinger
Der marktgerechte Mensch
Dokumentarfilm von Leslie Franke und Herdolor Lorenz
99 Minuten, Deutschland 2020