aus der deponie der fotografie heißt die Werkschau der in Wien geborenen und dort lebenden Foto-, Video- und Installationskünstlerin Michaela Moscouw. Der Begriff „Deponie“ bezieht sich auf ihre Zugehensweise: Im Gegensatz zur Herstellung und Archivierung „wertvoller“ Kunstwerke präferiert sie das Wiederverwenden und Weiterverarbeiten von Arte Povera-Materialien und älterer Fotoarbeiten. „Müllbilder“, so Moscouw, haben dieselbe Daseinsberechtigung wie „gute Bilder“. So wendet sie unorthodoxe Methoden der Bildfindung an, indem sie bewusst fehlerhaftes, kostengünstiges und leicht verfügbares Material sowie Billigapparaturen einsetzt, zufällig entstandene Flecken gerne zulässt und sich auch von der „perfekten“ Präsentation distanziert. Damit gibt sie der Hässlichkeit ein Forum.
Immer wieder hat sich Moscouw im Laufe ihrer jahrelangen künstlerischen Beschäftigung gängigen Festschreibungen und Erwartungshaltungen widersetzt, Grenzen bewusst gesucht und überschritten, auch was ihre obsessive Arbeitsweise unter oft extremen Bedingungen und häufig im öffentlichen Außenraum betrifft. Es entstanden Arbeiten, denen das Verschwinden und der Verfall inhärent ist und deren Zerstörung – vor allem in früheren Zeiten – sich für die Künstlerin scheinbar konsequent ergab. Von bewusst mangelhafter Bildqualität ist das ungeschnittene SW-Video Kooijen; hier hat sie aus Naturmaterialien und Zeitungen Hütten im Wald gebaut, diese dem natürlichen Verfallsprozess überlassen und das langsame Verschwinden im Video festgehalten.
Fotogramme als direkte Spuren des Realen zeigen immer den Verlust von etwas, das nicht mehr da ist: Diese schnellste und direkteste Art der Bildherstellung kommt Moscouws Vorstellungen sehr nahe. Unwirklich, Gespenster assoziierend, wirken ihre ganz frühen großformatigen SW-Fotogramme (1997–2000) von Händen, Füßen, einem Sessel oder gefaltetem Papier.
Basis einer weiteren Fotogramm-Serie sind Möbel und Gegenstände aus ihrer Wiener Wohnung, in der sie seit langem lebt. Durch die Langzeitbelichtung bei Tageslicht sind eigenartige rosa Farbwerte entstanden. Gemäß ihrem Verständnis, dass kein Bild „sakrosankt“ ist, hat Moscouw diese Arbeiten für die Ausstellung mit pflanzlichen Chemikalien, die Flecken erzeugen, weiterbearbeitet, wodurch die ursprünglichen Bilder unsichtbar wurden. Auf Schragen, verteilt im Raum, liegen sogenannte Pizzen. Auf kreisrunden Kartonplatten mit je einem Durchmesser von 160 cm hat sie – bewusst „sorglos“ verarbeitet – Collagen aus verschiedenen Bildmaterialien montiert; einige Fotos entstammen dem Buch „Wien und ein Blick in die Alpengaue“ von 1941, wodurch Moscouw eine sarkastisch-politische Komponente einbringt. Durch das Überlagern der Bildmaterialien und der damit provozierten uneindeutigen Bildaussage gelangt sie wieder in einen Bereich von Unsichtbarkeit, Verschwinden.
Vor allem aber produziert sie Leere, verstanden nicht als „Nichts“, sondern als Freiraum, den die BetrachterInnen füllen sollen.