Es braucht ein Dorf, um ein Kind großzuziehen.
Wie kommt man auf die Idee, ein performatives Projekt über Erziehung zu machen? Das möchte Ulli Koch zu Beginn des Interviews wissen. Die Ideen von Interrobang ergeben sich oft aus vorangegangenen Produktionen, so Lajos Talamonti; daraus, welche Fertigkeiten und technologischen Möglichkeiten in diesen erarbeitet werden und welchen Themen man sich mit diesen nähern kann. Aber auch die Elternschaft der Mitglieder der Gruppe ist kein unwesentlicher Grund. Kunst sei ein Freiraum, der Möglichkeit zur Bearbeitung und zur Befreiung böte. Ist der Untertitel „Ein Empowerment nach Rousseau“ ein Widerspruch? Lässt sich Rousseau überhaupt in die Gegenwart transformieren? Darauf verspricht die Produktion keine Antwort, sondern vielmehr eine Form, die diese Fragen bearbeitbar macht. Uns erwartet nicht die Interpretation Rousseaus Werk „Emil oder Über die Erziehung“ durch Interrobang. Dieses ist laut Lajos Talamonti das erste Werk einer radikalen Emanzipation. Zugleich lenke Rousseau seinen Zögling äußerst autoritär und überließe nichts dem Zufall; sein Blick sei kein wohlwollender. In Familiodrom werden die Zuschauenden zu Handelnden, zu Mitwirkenden in der gedanklichen Arbeit. Interrobang stellt den Raum hierfür zur Verfügung, hat im Vorfeld aber natürlich auch selektiert und Kernelemente ausgewählt. Die Ecken und Kanten Rousseaus, so das Versprechen, hätten sie nicht geschliffen. Die Zuschauenden werden nicht gezwungen, Rousseau zu mögen. Denn gerade die Möglichkeit sich zu reiben, wäre das Spannende, so Lajos Talamonti. So ließe sich die eigene Position gerade in der historischen und persönlichen Distanz erkennen. Diese Position sollen die Zuschauenden durch die offene Dialogstruktur, das spielerische, partizipative Setting, gegossen in technologische Form, finden. Wenngleich der Spielrahmen eine klare, formale Setzung habe, sei ein Ausbruch aus den Regeln immer möglich. Dem Publikum werden Angebote gemacht; gezwungen mitzuspielen wird keine_r. In kollektiven Abstimmprozessen wird über die Erziehung des fiktiven Kindes entschieden. In welcher Umgebung wächst es auf? Welche Werte werden ihm mitgegeben? Welche Medien darf es konsumieren? Versuchen wir es zu schützen; und wenn ja, wovor? In diesen Entscheidungsprozessen lässt sich die eigene Position erkennen sowie die eigenen Werte und Vorstellungen. Wie wird es dem Kind ergehen mit diesem kollektiven Erziehungskörper, dessen Autorität notwendigerweise diffundiert? Das Familiodrom ist laut Lajos Talamonti Sozialisation, nicht Erziehung. Und neben dem Empowerment des Kindes gehe es auch um das Empowerment der Erziehenden – geteilte Verantwortung entlastet dendie Einzelnen in seiner_ihrer Aufgabe als Vorbild. Die Produktion folgt einem dramaturgischen Faden, der je nach Abend – abhängig von Zufallsgenerator und Publikum – unterschiedlich gesponnen werden kann. Je weiter der Abend voranschreitet, desto weniger Eingriffsmöglichkeiten hat das Publikum; die Geschichte des Kindes wächst an, eine Erzählung entsteht. Ziel ist jedenfalls, dass das Kind das 18. Lebensjahr erreicht – und das ganz ohne Küchenpsychologie.
Franziska Köberl, Mareike Heitmann und Felicitas Lukas haben sich über den InsideOut WUK performing arts Club kennengelernt und dabei den gemeinsamen Wunsch entwickelt, einen Podcast zum Thema Performancekunst zu gestalten. Unterstützt werden sie dabei von der WUK performing arts Leitung (Esther Holland-Merten und Ulli Koch).
Performative Kunst kann überall stecken: Im alltäglichen Leben, in Kulturinstitutionen, im theatralen, musischen und bildnerischen Kontext, im privaten und im öffentlichen Bereich. Sie begeben sich auf die Suche und nähern sich dem Begriff Performancekunst über Theorie und Praxis an. Mittels Gesprächen, Interviews und durchs eigene Tun tauchen sie in eine vielfältige Welt.
Die Hörer_innen laden sie dazu ein, sie auf dieser Reise zu begleiten und selbst forschend tätig zu werden.
Auf folgenden Plattformen sowie dem Podcast-Reader eures Vertrauens findet ihr den Podcast: