Die Zukunft als kollektive Praxis
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Die Kuratorin und Kunstkritikerin Natalia Matsenko sowie der Künstler und Filmemacher Yuri Yefanov arbeiten mit gemeinschaftlichen Prozessen um virtuelle Utopien zu erschaffen. Von September bis Oktober 2025, waren sie Teil des Künstler*innen- und Research-Residenzprogramms kex—residency in der kunsthalle exnergasse.
Warum ist euch die kollektive Auseinandersetzung mit der Zukunft wichtig?
Natalia: Zukunft entsteht immer gemeinsam. Deshalb macht es Sinn, mit anderen darüber zu sprechen, ihre Vorstellungen zu hören und sie zu visualisieren – so wird der Prozess zur Forschung. Durch unsere Arbeit sind wir viel unterwegs und führen den Dialog über die Zukunft oft auch außerhalb unserer eigenen Bubble. Je nachdem, wo ein Workshop stattfindet und welche Gruppe oder Community daran teilnimmt, unterscheiden sich die Ergebnisse. Das macht sie vielfältig und die Zukunft gewinnt an Volumen. Im Urbanize! -Workshop haben wir die Teilnehmenden gebeten, sich speziell mit ihren eigenen Wohnvierteln auseinanderzusetzen. So können wir die Zukunft sehr konkret und lokal betrachten. Die persönlichen Beiträge machen das abstrakte Konzept der Zukunft greifbarer.
Inwiefern eröffnen virtuelle Räume neue Wege der Zusammenarbeit oder des Austauschs?
Natalia: Ein Ort, der ursprünglich nur in unserer Vorstellung existiert hat, wird durch die Übersetzung ins Digitale zu einem geteilten Erlebnis. Mithilfe von digitalen Technologien können wir Vorstellungen nicht nur visualisieren, sondern auch interaktiv machen. So lassen sich ganze Welten erschaffen, die Menschen aus unterschiedlichen Orten und Kontexten miteinander verbinden. Und das alles mit einer Geschwindigkeit und Flexibilität, die man auf anderen Wegen kaum erreichen könnte.
Yuri: Das Besondere ist, dass man in der digitalen Umgebung ein Erlebnis hat, das der realen Erfahrung eines Ortes sehr ähnlich ist. In der spekulativen Phase unseres Workshops geht es erst mal nur darum, theoretische Szenarien zu besprechen. Aber sobald wir die Ideen virtuell umsetzen, können die Teilnehmer*innen in ihre eigenen Vorstellungen eintauchen und andere daran teilhaben lassen.
Wie versteht ihr die Rolle von Hoffnung in eurer Arbeit?
Yuri: Pessimismus bedeutet, die eigene Ausweglosigkeit anzuerkennen. Wer so denkt, akzeptiert, dass Krisen in Katastrophen enden. Optimismus dagegen ist die Suche nach Möglichkeiten. Wir sehen Hoffnung nicht als Naivität sondern als etwas Strategisches.
Und ihr ladet die Menschen ein sich durch Kunst diese Möglichkeiten vorzustellen?
Natalia: Manchmal schafft Kunst Innovation, die andere Disziplinen nicht liefern. Sie ist flexibler und weniger an Vorgaben gebunden. Kunst ist synthetisch – sie kann Fragmente von Wissen aus verschiedenen Bereichen zusammenführen. Es wäre utopisch zu behaupten, Kunst sei völlig frei; sie steckt immer in einem Geflecht von Konventionen. Aber Kunst kann zumindest versuchen frei zu sein und manchmal gelingt es.
Danke.

Sabrina Haas ist Absolventin des Studiengangs Social Design an der Universität für Angewandte Kunst Wien, und macht gerade ein Praktikum in der kex—kunsthalle exnergasse. Das Praktikum findet im Rahmen der WUK Arbeitsassitenz statt.
Weitere Einblicke in Natalia und Yuris künstlerische Praxis hier
@yuri_yefanov
@uncertainata




