Der Podcast - Vom Nischenprodukt zum großen Markt
Als ich Anfang 2017 meinen ersten Podcast startete, wussten die meisten Menschen, denen ich davon erzählte, nicht einmal, was ein Podcast ist. Ich erinnere mich an ein Telefonat mit der Wirtschaftskammer, bei dem mir verwundert die Frage „Potschas? Was ist ein Potschas?“ gestellt wurde und daran angeknüpft „Wie kann man sich das vorstellen? Wie viele Leute lesen das?“
Seit 2017 hat sich einiges getan. Was Podcasts sind, hat sich in der Zwischenzeit herumgesprochen. Nicht nur das, für viele wurde das Hören des neuen Audio-Mediums zu einem fixen Bestandteil ihres Alltags. In Österreich hören 17 % der 18-25-Jährigen, 69 % der 26-40-Jährigen und 16 % der 41-60-Jährigen Podcasts (1). Das ist eine ganze Menge angesichts der Tatsache, dass das Medium vor wenigen Jahren noch so gut wie unbekannt war. Nicht nur auf Seite der Hörer_innen, sondern auch auf Seite der Produzent_innen bewegt sich einiges. Besonders großen Zuwachs brachte das erste Pandemiejahr 2020, als die österreichische Szene ein Plus von 180 neuen Podcasts verzeichnete (2). Mitte 2021 wurde die Zahl der österreichischen Podcasts mit 1.270 beziffert (3). Hari List, der die österreichische Podcast-Szene beobachtet und regelmäßig Statistiken veröffentlicht, teilt die Produzent_innen in 12 Kategorien ein. Die meisten Podcasts werden, so List, von EPUs/Influencer_innen und Indie-Produzent_innen gemacht, weit abgeschlagen auf Platz zwei finden sich Unternehmen.
Hobby oder großer Markt?
Das erinnert an die Ursprünge des Podcastens. Vor einigen Jahren noch war der Podcast-Markt dominiert von Independentproduktionen. Im englischsprachigen Raum gab es zwar bereits einige erfolgreiche, von Medien und Medienunternehmen produzierte Formate, der Großteil an Podcasts aber wurde von Einzelpersonen ohne Geld und ohne Studio, ohne Profitabsicht und für ein kleines Publikum produziert. Podcasts waren lange zeitintensive Hobbies. Das machte auch ihren Charme aus. Der Podcastmarkt hat sich aber grundlegend verändert, auch deshalb weil er zu einem solchen wurde: zu einem Markt.
Mit der steigenden Beliebtheit des neuen Mediums sprangen auch jene Medien und Plattformen auf den Erfolgszug auf, die bereits davor öffentliche Meinung und Markt dominierten. Zunehmend wurde dieser neu entstandene Podcast-Markt von bereits etablierten Medien und Unternehmen und schließlich Plattformen wie Spotify oder Amazon Music/Audible mit hochglanzpolierten, professionell produzierten Podcasts überschwemmt – zum Nachteil jener, die ohne Budget, aber mit umso mehr Engagement und Liebe für das Medium Podcasts produzierten.
Für den Lieblingspodcast zahlen?
Die häufigste Einnahmequelle für Podcaster_innen sind Werbungen. Das funktioniert in der Regel aber erst dann, wenn ein Podcast eine gute Basis an Hörer_innen hat. Podcasts sind Nischenmedien und Werber_innen sind es gewohnt, in Massen zu denken. Sie verkennen so oft den Wert, den punktgenaue Werbung in Nischenmedien bringt. Eine zweite Einnahmequelle sind Plattformen wie Patreon oder Steady. Auf ihnen können Hörer_innen monatlich eine bestimmte Summe freiwillig bezahlen. Auch das ist ein neues Konzept und bedarf einiges an Überzeugungsarbeit, gerade angesichts der Gratiskultur, die das Internet etabliert hat. Warum sollte man schließlich freiwillig für etwas bezahlen, das auch gratis zur Verfügung steht? Und vor allem: Warum sollte man für einen Podcast bezahlen, wenn man schon Spotify bezahlt, über deren App man den Podcast hört?
Was mich zu den Plattformen bringt: Spotify, Amazon Music, etc. zahlen gar nichts an Podcaster_innen. Während Musiker_innen für Streams zumindest geringe Centbeträge bekommen, erhalten Podcaster_innen nichts, während die Plattformen (anders als traditionelle Podcatcher-Apps) daran verdienen. Wer angesichts der Allgegenwärtigkeit des Medium Podcast damit rechnet, gutes Geld zu verdienen, muss also leider enttäuscht werden. Selbst relativ erfolgreiche Projekte sind meistens keine Einnahmequellen. Die Finanzierung der meisten Podcasts ist: gar nicht. Insofern ist es nicht weiter überraschend, dass es weltweit nur etwa 33 % aller Podcasts zu zehn Folgen und darüber hinaus schafft (5).
Ausnahmen gibt es natürlich. Vor allem in den USA haben ein paar jener, die ursprünglich als Independent-Podcaster_innen begannen, große Karriere mit Podcasts gemacht und in Folge auch großes Geld. Der erfolgreichste Podcast weltweit ist die „Joe Rogan Experience“, die mittlerweile exklusiv auf Spotify zu hören ist und 30 Millionen Dollar schwer ist, an zweiter Stelle steht „My Favorite Murder“ von Georgia Hardstark und Karen Kilgariff mit 15 Millionen Dollar (6).
Für Hörer_innen heißt das alles Folgendes: Wer möchte, dass sein Lieblingspodcast weiterhin neue Folgen produziert, sollte dringend in Erwägung ziehen, diejenigen, die ihn produzieren zu bezahlen (sofern diese Möglichkeit zur Verfügung steht). Es ist nämlich sehr wahrscheinlich, dass es sonst niemand tut.
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Beatrice Frasl ist freiberufliche Autorin, Podcasterin und Vortragende. Ihr Podcast „Große Töchter“ wurde bereits zwei Mal für den Medienlöwen nominiert und 2021 mit dem k.at Podcast Award prämiert.