Zeit

Di 1.9.1992 - Fr 25.9.1992

Ort

Kunsthalle Exnergasse

Ed Schulz, Detail
Kunst

Ed SCHULZ - ARBEITEN 1975 - 1990

Malerei und Grafik

Wer Ed Schulz, diesen bescheidenen Produzenten ursprünglicher Objekte, nicht kennt, kann nicht von sich behaupten, in der Wiener Kunstszene der letzten 25 Jahre auf dem laufenden zu sein. Vielen ernstzunehmenden Künstlern und Sammlern ist er freilich schon lange ein Begriff, man bewundert und erwirbt seine immer neuen und doch viel zu seltenen Bemühungen, einzufangen, was Farbe, Mixed Media, Graphik, Zeichnung, Design und angewandter Kunst immanent ist.
In seinen aktuellen Arbeiten bleibt Ed Schulz erfreulicherweise bei dem sparsamen Formenvokabular, das er über die Jahre entwickelt hat - Blöcke, Masten, T-Eisen, die zarten "Paravents", die leise gleiten, und nicht zuletzt die immer wiederkehrende Lichtsäule, die gleichzeitig schimmernder Vorhang und verheißungsvolles Portal ist.
Die Handvoll von geometrischen Formen, die Schulz verwendet, wiederholt sich in endlosen, immer wieder aufs neue verzaubernden Variationen von Atmosphäre, Größe und Bezug, und es ist erstaunlich, wie die flüchtig aufgetragene Farbe und der feine Strich dennoch einen Eindruck von enormer Größe und Gewicht vermitteln können. 
Der Künstler sorgt jedoch dafür, daß wir nicht zu weit abschweifen: Wir werden immer wieder zur Oberfläche zurückgebracht; knappe, wenn auch nicht ganz verständliche Notizen sind ins Dunkel gekritzelt, gelegentlich dient ein Collage-Fetzchen dem Zweck, unser Auge auf der Bildebene festzunageln.
Zeitweise findet sich durch spinnennetzartige Orthogonalen oder leichte Veränderungen im Farbton der Anflug eines geisterhaften Volumens, doch weiß der Künstler, wo und wie er jede gezwungene Dreidimensionalität unterdrückt, um den ihm eigenen metaphysischen Raum nicht zu zerstören. Letztendlich stehen wir vor in Bewegung befindlichen Membranen, die paradoxerweise Volumen ohne reale Greifbarkeit vermitteln und doch klar definiert sind.
Es mag seltsam klingen, erscheint mir jedoch passend: Wenn ich die neuesten Werke von Schulz betrachte, denke ich an den einen oder anderen Kommentar von Richard Serra, einem Künstler, dessen Arbeiten - wenngleich sie aus Tonnen von Stahl bestehen - ebenfalls starke Aussagen über Leichtigkeit und Schwere machen. Und ist es zu weit hergeholt, wenn man eine Verwandtschaft zwischen den unheimlichen Bildern von Robert Wilson und Ed Schulz entdeckt?. In seinen Zeichnungen wie in den unvergeßlichen theatralischen Tableaux, durchschnitten von Lichtebenen, schafft Wilson einen ähnlich in sich geschlossenen, eigenen Mikrokosmos, der sich der Beschreibung widersetzt.
Vielleicht ist es doch kein Wunder, daß das ebenso durch Gelassenheit wie Zähigkeit gekennzeichnete Werk von Ed Schulz immer von jenen Eingeweihten anerkannt wurde, die verstehen, daß seine Sensibilität im Einklang mit einem starken internationalen Mainstream steht, der den Bogen vom Konstruktivismus bis zur Gegenwart spannt.

    Jan Ernst Adlmann
    (Guggenheim Museum Soho)