So nicht.
Unsere Freude darüber, dass toxic dreams einen Nestroy erhalten hat, können wir nicht oft genug in die Welt schleudern, schließlich ist hier eine Gruppe geehrt worden, die seit über 20 Jahren die freie Szene Wiens prägt. Was wir nun aber nicht mehr verschweigen möchten, ist die strukturelle Diskriminierung, die wir bei der Preisverleihung am 24. November 2019 erlebt haben. Und nicht nur wir, sondern auch viele andere Kolleg_innen.
Die Preisverleihung wurde, kurz nachdem sie ihren Moderatorenkollegen Florian Teichtmeister wegen seiner Körpergröße diskriminiert hat, von der Moderatorin Maria Köstlinger mit der sarkastischen Bemerkung eröffnet, wie schön es nicht sei, dass mit der Ernennung von Kai Voges zum Intendanten des Volkstheaters Wien nun alle größeren Theaterhäuser Wiens einen Mann an ihrer Spitze haben. Wir teilen diese Kritik. Wir waren und sind aber weiterhin zutiefst bestürzt, dass die von der Moderatorin ausgesprochene Kritik an patriarchalen und androzentrischen Strukturen im Theaterbetrieb in der Preisverleihung an sich keine Rolle mehr gespielt hat. Wie ist es sonst zu erklären, dass die Nominierten für die beste Regie ausschließlich männlich zu lesen sind? Und wie ist es zu erklären, dass als Pausenfüllung und zur Erheiterung des Publikums leicht und aufreizend gekleidete Frauen Gesangsnummern zum Besten geben dürfen?
Die Gesangsnummern an sich, die Liedauswahl, die dahintersteckt, hinterlässt uns ebenfalls mit Bestürzung. Oder wie ist es zu erklären, dass Sängerin Katharina Straßer bei einer Preisverleihung das Lied "Der Novak lässt mich nicht verkommen" von Cissy Kraner singt? Ein Lied, in dem das N-Wort vorkommt. Ein Lied, das immer schon rassistisch und sexistisch war. Ein Lied, dessen Inhalt von struktureller Gewalt nur so strotzt und das schon alleine deswegen nie in einem kontextfreien Rahmen bleiben kann. Ein Lied, das nicht mit dem Ausspruch "Das war früher halt so" oder "Früher war das ein neutraler Begriff", wie es in manchen Gesprächen plötzlich ertönt, davon gewischt werden kann. Nein. Das war und wird nie ein neutraler Begriff sein. Das war immer schon menschenverachtender Rassismus.
Wir erwarten uns von einer so öffentlichkeitswirksamen Veranstaltung wie der Nestroy-Preis-Verleihung, dass hier Grundkonsens über Menschenwürde und die Partizipation aller dominieren. Das dem nicht so zu sein scheint, hinterlässt einen schalen, um nicht zu sagen unangenehmen Geschmack. Es ist in höchstem Maße beunruhigend und beschämend, dass der Nestroy für die an diesem Abend erlebten diskriminierenden Strukturen herhalten musste.
Esther Holland-Merten und Ulli Koch
WUK performing arts