"...Spiel mit Zuständen."

Otmar Wagner WUNDE WELT #Ende: Ich. Europa.

"...Spiel mit Zuständen."

Otmar Wagner antwortet auf vier Fragen

Otmar Wagner gibt Einblick in seine aktuelle Performance "WUNDE WELT #Ende: Ich.Europa.", die vom 03. bis 05. Mai 2018 im WUK performing arts gezeigt wird.

Du bezeichnest WUNDE WELT #ENDE. Ich. Europa als eine szenische Installation. Was können wir uns darunter vorstellen?

Naja, eigentlich ist es ein kultureller Abend, wie jeder andere auch. Es gibt eine Darbietung in einem mehr oder weniger festgesetzten Zeitraum, und es gibt Menschen, die da hingehen, und sich das ansehen bzw. anhören, auf fortgeschrittenem Niveau sogar ertasten und erriechen. Manche wollen wissen, was sie erwartet, manche nicht. Einige wenige legen es darauf an, sich überraschen zu lassen.
Für mich als Zuschauer ist die Vorstellung von dem, was ich erwarte, oft sehr anders als das, was ich erlebe. Manchmal ärgere ich mich darüber, manchmal erstaunt und erfreut es mich.
Als Zuschauer bin ich selbst gar nicht so sehr auf die Form fixiert, sondern auf den Inhalt. Deshalb schaue mir so ziemlich alles an: Ausstellungen, Konzerte, Sprech- und Tanztheater, Installationen, Performances, und all ihre unzähligen Varianten. Für all diese künstlerischen Ausdrucksformen habe ich keine ernsthafte qualitative Rangordnung. Und da sich all diese 'Genres' in zahlreiche Untergenres ausdifferenzieren, und am Ende der Kette der künstlerische 'Eigensinn' die Arbeit definiert, ist jedwede übergeordnete Definition dessen, was betrieben wird, lediglich dazu da, Kategorien zu schaffen, die diesem 'Tun in der Welt' eine übergeordnete Bedeutung verleihen sollen.
Für "WUNDE WELT #Ende: Ich.Europa" gilt der Begriff der 'szenischen Installation' als Framing für eine bestimmte Herangehensweise: Es geht nicht um Darstellende, sondern um Hinstellende Kunst. Kein Rollenspiel, sondern Spiel mit Zuständen. Ein Mensch der sich dreht. Keine Welterklärung, sondern Angebote, Welt zu betrachten. Menschen, die zuschauen. Zeus fickt Europa. Menschen, die sich das anschauen. Das Leben in Blasen. Die Identität der Identitären. Die verlorene Heimat. Die Bienen, die Fliegen, der Wind. Europadämmerung. Zustände zwischen Selbstvergessenheit und Reflexion. Kurz gesagt: mit " WUNDE WELT #Ende: Ich.Europa" möchte ich eine Art Meditationsraum schaffen, ohne Anspruch auf Mehrwert, ohne Gewinn. Also einen Raum, der ganz bei sich ist, ohne Bedeutung, dafür aber elementar.

Du kritisiert in deinen Werken Selbstoptimierung und Leistungsgesellschaft. Wie wirst du das bei dieser Performance umsetzen?

Auch wenn das vielleicht komisch klingt, aber ich sehe meine Aufgabe in erster Linie nicht darin, von einem bestimmten, klar definierten Standpunkt aus zu kritisieren, wie das im politischen Kabarett / in der politischen Comedy praktiziert wird. Das, was mich an jenen erschreckt, ist, dass es einen unausgesprochenen und undiskutierten Code zwischen den KünstlerInnen und dem Publikum gibt: nämlich die Gewissheit eines 'gemeinsamen Standpunktes'. Auf dieser ästhetischen Ebene ermöglicht das keine gesellschaftlichen Veränderungen, sondern allenfalls persönliche Selbstbefriedigung. Der 'gemeinsame Standpunkt' ist eine Konstruktion, und nur dann sinnvoll, wenn er im politischen Aktionismus zielgerecht eingesetzt wird.
Meine Aufgabe sehe ich nicht darin, auf der Basis sowieso schon klarer 'gemeinsamer Standpunkte' mit dem zu erwartenden Publikum Kritik zu üben, sondern eine Kunst zu praktizieren, die zuallererst Fragen stellt, ausgehend von eigenen Erfahrungen, Geschichten aus meinem Alltag, meiner Familie, über theoretische Auseinandersetzungen (Arendt, Kluge, Bloch, Adorno, Lacan, Gross, Zizek etc.) bis hin zu praktischen Erlebnissen (die Apotheken, Werbetafeln und Supermärkte um die Ecke).
Ich erträume und praktiziere eine in jeglicher Hinsicht 'kritische' Kunst. 'Kritisch' verfährt sie zuallererst mit sich selbst. 'Kritisch' verfährt sie mit den ihr auferlegten Grenzen (der Genres, des Machbaren, des Erlaubten). 'Kritisch' aber auch, weil sie nicht versucht, Antworten auf nie gestellte Fragen, sondern Fragen auf nie gegebene Antworten zu liefern.

Und was hat das alles mit Europa zu tun?

Für mich ist Europa ja nicht nur eine Idee, sondern auch eine Skulptur. Mit Beuys gesprochen ist Europa eine 'soziale Plastik', also formbar. Die Frage ist: Wer darf da formen und gestalten?
Tatsächlich sehe ich mich, ohne wenn und aber, als Europäer. Ich bin in einer deutschen Grenzregion aufgewachsen (nicht zwischen Ost- und Westdeutschland, sondern zwischen Bayern und Hessen), sozialisiert in einem Durchzugsgebiet des Kaisers Barbarossa, und einem sprachlichem Kauderwelsch von Fränkisch, Hessisch und Pfälzisch.
Tatsächlich begeistere ich mich deshalb für ein 'Europa der Regionen', das in meiner idealistischen Einfalt so etwas wie ein buntes, multikulturelles, gleichzeitig dörfliches und supranationales Konstrukt wäre.
Die 'Idee Europa' war natürlich immer schon nur wirtschaftlich und politisch interessant, niemals menschlich. Es gibt so viele Wege, die 'Idee Europa' den Menschen schmackhaft zu machen, die politische und wirtschaftliche Propaganda spricht von 'Vollzeitbeschäftigung', 'besserem Einkommen', 'Sozialstaat', 'Rentenabsicherung', also genau von dem, was definitiv sukzessive abgebaut wird.
Alternative Modelle, wie die 10-Std.-Woche, das Grundeinkommen, die Bürger-Arbeit werden weitgehend verschwiegen. Das ist meine und auch wiederum keine Antwort auf die Frage "Was hat das alles mit Europa zu tun?"

Mit WUNDE WELT #ENDE beendest du auch deinen WUNDE-WELT-Zyklus. Wie fühlt sich das an? Und was kommt danach?

Das fühlt sich gut an. Der WUNDE-WELT-Zyklus war und ist mit einem extremen Recherche-Wahnsinn verbunden, der für mich insgesamt ziemlich schmerzhaft war. Ich versuche ja in meiner künstlerischen Arbeit möglichst alles mit Humor zu nehmen, eine gewisse Distanz zu dem, was mich beschäftigt, und was die wichtigen Fragen des Lebens sind, einzunehmen. Aber je tiefer ich in solche Themen wie Identität, Kolonialisierung, Absperrung (Anm. Themen von WUNDE WELT #1-#3) vordringe, desto ohnmächtiger, hilfloser komme ich mir dabei vor. Der künstlerische Akt der Einverleibung und des gleichzeitigen Exorzismus meiner persönlichen, gesellschaftlichen und politischen Standortbestimmungen, das ist das, was für mich immer mehr zu einer in eine ästhetische Form gegossenen Verzweiflungstat geraten ist. Sowas hält man auf Dauer ja gar nicht aus.
Was danach kommt? Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, und der Ablauf ist immer der Gleiche: Der Traum von einer SVA-finanzierten Kur mit wundervollen physischen und psychischen Massagen, der gut bezahlte Halbtagsjob, die Feierabend-Idylle. Tatsächlich aber kratze ich die gewohnte Kurve: Der Titel meines neuen Projektantrags lautet: "Krank bin ich in Europa". Damit soll natürlich, wie immer, alles anders werden. Songs statt Essays, Sounds ersetzen Sätze, die Verzweiflungstat wird zum Spaß-Spektakel. Obwohl ich weiß: genau dieser offensichtlich nicht enden wollende Glaube macht total krank.
 

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