MOIRA ZOITL UND RICARDA DENZER
Die beiden Künstlerinnen reflektieren in ihren aktuellen Werken die Bedeutung von Arbeit, Zusammenschluss und Öffentlichkeit. Fragen nach Strategien der Sichtbarmachung und der gesellschaftspolitischen Einflussnahme in unterschiedlichen kulturellen Kontexten werden in die Ausstellung übersetzt. Die eigenen Arbeitsverhältnisse auf dem informellen Sektor der bildenden Kunst werden analysiert, gelten doch KulturarbeiterInnen als die neue Avantgarde eines flexibilisierten Arbeitsmarketes.
Unter dem Titel Chat(t)er Gardens. Stories by and about Filipina Workers beschäftigt sich Moira Zoitl seit 2002 mit den Arbeits- und Lebensbedingungen philippinischer Hausarbeiterinnen in Südost-Asien und Europa. Der weltweite Bedarf an Hausangestellten in den Industrienationen nimmt ständig zu. Größten Teils sind es Migrantinnen, die in dem stetig wachsenden Dienstleistungssektor ‚Privathaushalt’ arbeiten. Gesellschaftspolitisch passiert dort ein Prozess einer Ethnisierung der Arbeitskraft und die Bildung einer neuen ‚Zwei-Klassen-Frauengesellschaft’. Mit dem Projekt Chat(t)er Gardens versucht Moira Zoitl mittels Interviews und Aufnahmen der politischen und sozialen Aktivitäten philippinischer Hausarbeiterinnen in Hongkong, deren Strategien der Sichtbarmachung und Selbstermächtigung aufzuzeigen. So unsichtbar diese Frauen unter der Woche ihre Arbeit in den Wohnungen ihrer Arbeitgeber/innen verrichten, so sichtbar kommen sie an jedem arbeitsfreien Sonntag zu zehntausenden zusammen, um sich auszutauschen, sich weiterzubilden, aber auch um sich zu solidarisieren und gegen migrationsfeindliche Gesetze Widerstand zu leisten.
La croûte du chou - Das Saure vom Kraut, ist eine mehrteilige audio-visuelle Arbeit vonRicarda Denzer, deren Ausgangspunkt ein Gespräch mit Namrata Bali, Schatzmeisterin der indischen Gewerkschaft Self Employed Women’s Association (SEWA). Das Interview wurde im Januar 2004 in Ahmedabad aufgenommen. Zentrale Fragen von SEWA sind, was es bedeutet eine Frau und Arbeiterin zu sein (to be a woman and to be a working woman), die Unorganisierten zu organisieren (to organize the unorganized) und mit geeinter Stimme zu sprechen (to have one voice).
Ausgehend von diesem Interview bearbeitet Ricarda Denzer in assoziativer, nicht linearer Erzählform die existenziellen Bereiche von Arbeit, Sein und Handeln: Was es heißt, sich seine Brötchen zu verdienen, zu arbeiten um sich zu ordnen oder zu verlieren, sich zu organisieren? Wie funktioniert der Akt des Sprechens und das System der Sprache als Instrument, um die Welt nicht so hinzunehmen wie sie ist? Wie können Widerspruch, Privatsprache und Sichtbarsein in der Öffentlichkeit als widerständige Praktiken angewandt werden, die nicht auf Lohn und Nutzen ausgerichtet sind.