BKM - BESONDERE KENNZEICHEN: MALEREI
Eröffnung: Mi, 17. 1. 2001, 19.00 uhr
konzept: patricia drück
Hansjörg DOBLIAR - Mathias DORNFELD -
Wolfgang KESSLER - Rolf PÖLLET - G. Gosalishvili
Maßgebliche Idee für dieses Ausstellungskonzept ist die Zusammenführung künstlerischer Positionen, die Malerei als zeitgemäßes Verfahren künstlerischer Bildproduktion thematisieren. Von Interesse erscheinen dabei vor allem Ansätze, die - im Hinblick auf neu entstehende, mediale Bildungsformen - den Stand aktueller visueller Erfahrungen einbeziehen, aber auch grundsätzlich die Frage nach dem Status des Bildes, den ureigenen Bedingungen und den Grundlagen von Malerei aufwerfen.
Mit dieser Ausstellung werden fünf junge Maler aus München, Köln und Hannover vorgestellt, die zunächst durch ihre konsequente Auseinandersetzung mit den Registern der Malerei auffallen. Gemeinsam ist diesen Positionen ihre unbekümmerte Referenz auf die Welt alltäglicher, banaler Gegenstände, aber auch auf eine durch die Medien vermittelte Welt.
Gegenständliche Assoziationen scheinen insofern von Bedeutung zu sein, als sich an ihnen malerische Grundprinzipien ablesen lassen, die Raum geben für ein subtiles Spiel zwischen objektiv vorhandenem Material und der daraus resultierenden subjektiven Wahrnehmung. Für die Malerei, um die es hier geht, ist die Opposition von abstrakt und gegenständlich keine, aus der die jeweils andere ihre ideologische Motivation oder Berechtigung zöge. Vielmehr wird Anschluss gesucht an mögliche gesellschaftliche oder künstlerische Kontexte. So übermitteln diese fünf ganz unterschiedlichen Ansätze ein Verständnis davon, was Malerei heute sein kann und verdeutlichen nicht zuletzt die unverminderte Aktualität, die das Medium für junge Künstler besitzt.
Der heutigen medialen Visualität und Vermischung von Bildhierarchien trägt HANSJÖRG DOBLIAR Rechnung durch die Übersetzung von Fotos, Medien- oder Filmbildern in Malerei.
So bezieht sich beispielsweise die Serie "North Dakota" auf Filmstills aus "Fargo" von Joel und Ethan Coen. Dabei scheint der jedem Bild direkt untergeordnete Bildtitel kontextrelevante Bezüge herzustellen.
Die typographische Gestaltung des Titels wird dabei je nach Bildvorlage (Pressefoto, Filmstill) und ihrer Herkunft (Nachrichtenmagazine, Geschichtsbücher, Videofilm) gewählt. Durch die Kombination von Malerei mit unterschiedlich gestalteten Bildunterschriften gelingt in der Installation eine dichte Ineinanderführung von Schrift und malerischen Codes. Letztlich wird der Informationsgewinn, den uns der Titel bezüglich des dargestellten Inhaltes geben soll, als willkürliche Konstruktion entlarvt.
Die Malerei von MATTHIAS DORNFELD hat etwas Selbstverständliches und gleichzeitig Rätselhaftes. Seine Bildmotive lassen sich zwar auf den ersten Blick schnell erfassen, eröffnen aber in ihrer Eigenschaft als elementare Zeichen und Bedeutungsträger unserer Kultur (Fernseher, Schallplatte) ein Vexierspiel zwischen Bild und Fläche auf der Leinwand.Das malerische Ausdrucksrepertoire ist dabei effizient auf Grundformen und -linien sowie einfache farbige Werte reduziert.
So werden beispielsweise die Umrisslinien eines Tennisplatzes oder die geometrischen Formen eines Hauses durch perspektivische Linienführung als flächenbestimmende Elemente fest im Bildformat verspannt. Die Bildform oszilliert zwischen Abbild als Referenz zur ausserbildlichen Wirklichkeit und einer autonomen Existenz, in der die Elemente der bildnerischen Konstruktion befreit werden.
Die extreme Beschleunigung des Lebens hat seit der Moderne, spätestens aber mit dem Aufkommen der Fotografie Einfluss auf die künstlerische Produktion.WOLFGANG KESSLER (geb. 1962, lebt in Hannover) malt nach Fotovorlagen, die während einer Fahrt entstanden und den Blick der Kamera aus einem Fenster auf vorbeiziehende Stadtlandschaften und gesichtslose Unorte wiedergeben
Streng horizontal angeordnete Streifen im unteren Bilddrittel kontrastieren mit der bildbeherrschenden Unschärfe, die den Eindruck hoher Geschwindigkeit erzeugt und zugleich die Wahrnehmung verweigert. Typisch für eine Gesellschaft der Mobilität und Geschwindigkeit, sprechen diese Bilder von der rapiden Beweglichkeit, in der sich die Zivilisation befindet. Unschärfe suggeriert Bewegung und Ablauf von Zeit, die in Malerei jedoch zum Stillstand gebracht wird.
Anregungen zu seinen ebenfalls nach Fotos entstehenden Bildern liefert ROLF PÖLLET der geschärfte Blick auf Details des alltäglichen Umfeldes wie zum Beispiel die Ateliersituation oder die Auseinandersetzung mit der bedrückenden Atmosphäre und dem Inventar eines Krankenhauses. Konstante Formatgrösse und eine auf chromatische Töne reduzierte Farbigkeit lenken dabei die Aufmerksamkeit weg vom inhaltlichen auf den bildnerischen Prozess. In konzentrierten Bildlösungen werden verschiedene malerische Prinzipien und Formen der Wahrnehmung durchgespielt. Der Pinselstrich "meint" hier nicht nur, sondern er "ist" auch in überwiegendem Masse und thematisiert ein Interesse am Intervall zwischen Form und Inhalt, das sich letztendlich anhand der Reihung der Bilder überprüfen lässt.
GOTSCHA GOSALISHVILI (geb. 1971, lebt in München) macht sich für seine Bilder und auch darin auf die Suche nach der absoluten Null-Form, einer Null-Ebene, einem Null-Zustand mit geometrischem System. "Es handelt sich um einen Versuch etwas zu ‚produzieren' was vom eigenen Geschmack getrennt ist, und auch mit öffentlichem Geschmack nichts zu tun hat," so Gosalishvili zu seiner Arbeit.
Für die Ausstellung ist auch die Einbeziehung von neuen, zum Teil auch speziell für die Räume entstehenden Arbeiten geplant.
Text: Patricia Drück