Berufsbildung in der Republik Moldau

Berufsbildung in der Republik Moldau

Internationaler Austausch

Hans-Peter Waldbauer von der WUK Arbeitsassistenz und Sylvia Martinovsky von WUK CoachingPlus waren im Zuge einer Kooperation mit dem OeAD als Expert_innen für Inklusion und die Arbeit mit beeinträchtigten Jugendlichen in der Republik Moldau.

Republik Moldau. Weißt du irgendwas über diesen Staat?

Also ehrlich, ich wusste nichts.

Zumindest so lange, bis ich den Wikipedia Eintrag gelesen hab.

Ja, sowas mache ich, wenn ich mich freiwillig melde, um eine Kooperation zwischen dem WUK und dem OeAD, der österreichischen Agentur für Bildung und Internationalisierung, weiterzuführen.

Begonnen hat sie 2018: Kathrin Wildberger und Catarina Straßl, damals beide Kolleginnen bei Coaching Plus, wurden Expertinnen für das Projekt „I-VET Inklusive Berufsbildung in der Republik Moldau“, welches vom OeAD Kooperationsbüro in Moldau im Auftrag des österreichischen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung durchgeführt wird. 

Elisa ist für den OeAD vor Ort in Chișinău, der Hauptstadt von Moldau und organisiert unter anderem für Bildungspersonal Workshops zu den Themen Inklusion und Arbeit mit beeinträchtigten Jugendlichen.

Da fühl ich mich tatsächlich kompetent. Sieben Jahre im vollbetreuten Wohnen im Behindertenbereich, sowie seit 2012 als Arbeitsassistent beim WUK mit benachteiligten Jugendlichen am Übergang Schule – Beruf arbeitend, habe ich in der Zeit doch einiges mitnehmen können. Und so habe ich gemeinsam mit Sylvia Martinovsky von Coaching Plus die Nachfolge von Kathrin und Catarina angetreten.

Ein persönliches Kennenlernen mit Elisa ging sich in der Bräuhausgasse noch aus. Die nächsten OrgaTreffs fanden schon auf Zoom statt. So wie die ersten beiden 2,5-tägigen Workshops. Insgesamt nahmen ca. 80 Teilnehmerinnen (ausschließlich Frauen) im Herbst 2020, sowie Juni 2021 daran teil.

Heuer im Herbst starteten wir nun einen neuen Versuch den Workshop in Präsenz abzuhalten – und schafften es: Sylvia und ich flogen am Sonntag, 3. Oktober nach Chișinău und am Mittwoch 6. Oktober wieder retour.

Dazwischen fand ein 2,5-tägiger Workshop zum Thema „Die praktische Umsetzung von Inklusion, Vernetzungsarbeit & inklusiver Beratung“ mit 19 Teilnehmerinnen statt.

Organisiert von Elisa und ihrem Team: Nadia als Dolmetscherin, sowie Ion, dem Fahrer, der uns immer zum Veranstaltungsort außerhalb der Stadt chauffierte (Chișinău war grad Corona-Rot).

Wir konnten den Workshop in Deutsch abhalten, Nadia übersetzte ins Rumänische. Einmal besuchte uns Carolina, die Beauftragte für inklusive Berufsbildung im moldauischen Bildungsministerium und nahm einen Nachmittag am Workshop teil.

Die Teilnehmerinnen waren zum Großteil Psychologinnen und kamen aus verschiedenen Exzellentszentren in Moldau: Das sind Einrichtungen, wie eine Mischung von ÜBN (Überbetriebliche Lehrausbildung) und Berufsschule in einem. In zwei bis fünf Jahren werden dort die verschiedenen Lehrberufe ausgebildet. Die Psychologinnen arbeiten in den Exzellentszentren mit den benachteiligten Jugendlichen.

Auch sonst hatten Sylvia und ich ein volles Programm: Natalia begrüßte uns schon am Sonntag und machte eine Stadtführung mit uns. Die knapp 60-Jährige ist Stadtführerin, unterrichtet Deutsch an einer Schule und einem Sprachzentrum und arbeitet als Dolmetscherin.

Ion, der Fahrer, war früher praktizierender Arzt, aber als Fahrer für verschiedene NGOs und internationale Organisationen, sowie  durch den Handel mit Honig, verdiente er mehr Geld.

Das ist ein Eindruck, den ich aus Moldau mitgenommen habe. Die Menschen arbeiten sehr viel und wirklich hart, in unterschiedlichsten Bereichen, mehrere Jobs sind keine Seltenheit.

So verdienen die Psychologinnen, die an unseren Workshops teilgenommen haben ca. 150 bis 200 Euro im Monat für ihren Vollzeitjob, aber für ein gutes Leben braucht man halt ca. 400 Euro, haben wir erfahren.

Zurück zum Workshop: Die Stimmung war ausgezeichnet: Konzentriert beim Arbeiten, gewürzt mit Humor und Lachen und teilweise sogar ausgelassen bei diversen Übungen. Die Kolleginnen haben sich schon lange Zeit nicht mehr live gesehen und genossen das Zusammentreffen und die Möglichkeiten der Vernetzung ungemein.

Der Ort, an dem der Workshop stattfand, war wie geschaffen dafür: eine Ferienanlage knapp außerhalb der Hauptstadt im herbstlichen Wald, mit einem Seminarholzhaus. Das Mittagessen und die Kaffeepausen gab es im Restaurant der Anlage, mit offenem Kamin und Großbildschirm mit Musikvideos.

Sylvia und ich hoffen, dass unsere Beiträge in Form von unterschiedlichsten Methoden, Diskussionsanregungen und diesmal sehr vielen spielerischen Anregungen für die Arbeit mit benachteiligten Jugendlichen bei den Teilnehmerinnen auf fruchtbaren Boden fallen und sie viel für ihre tägliche Arbeit mitnehmen können.

Spannend an so einem Austausch ist für mich immer auch, was ich lerne bzw. mitnehme, wenn ich Workshops halte, zumal in einem Land, von dem ich wirklich wenig Ahnung habe:
Also: Chișinău ist eine feine Stadt, ich hab mich sehr wohl gefühlt. Gute Atmosphäre. Die Moldauer_innen arbeiten sehr hart, um über die Runden zu kommen. Das bei einer großen Herzlichkeit und Freundlichkeit. Immer wieder ertappe ich mich dabei, mich an das Leben meiner Großeltern am Land erinnert zu fühlen. Die Ausgangslage im Sozialbereich, wie im gesamten öffentlichen Bereich ist ungleich schwieriger als in Österreich, aber die Menschen machen den Job genauso gern und dedicated wie ich meinen. Und: der Workshop mit den 19 Teilnehmerinnen war ein Genuß, weil ausnahmslos alle von Anfang bis zum Ende mitgemacht haben. Großartig!

Die Fotos sollen einen kleinen Eindruck des Workshops sowie des Trips nach Moldau vermitteln.

Insgesamt war die Reise ein voller Erfolg für mich und ich hoffe auf eine Fortsetzung 2022.

Text und Fotos:
Hans-Peter Waldbauer, WUK Arbeitsassistenz

NEBA ist eine Initiative des Sozialministeriumservice.

Diese Artikel könnten dich auch interessieren:

HändeschüttelnRead article

Inklusion als selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft

WUK Arbeitsassistenz: NEBA-Betriebsservice

3 Jugendliche arbeiten im FeldRead article

Die Suche nach einem Tages-Struktur-Platz

Unterstützung im Jugendcoaching bei WUK faktor.c