Versuchsanstalt
Anstalt ist ein etwas verstaubter Begriff, er weckt gar negative Assoziationen. Versuche im Zusammenhang mit Anstalt sowieso. Davon wollen wir uns jetzt befreien. Eher daran denken, dass wir nur mit Versuchen weiterkommen, woanders hinkommen; auch durch Versuche, die scheitern.
Aber so weit wollen wir nicht gehen. Wir werden nicht scheitern, und wenn, dann lernen wir daraus. Für das nächste. „VERSUCHSANSTALT FÜR BAU u. MASCHINEN MATERIALE“ steht in Jugendstillettern am Mittelhaus im Hof des WUK. In den 1980er Jahren, kurz nach der Besetzung des Hauses, haben die Künstler_innen Ona B., Walter Berger und Thomas Unseld sinnigerweise ein paar der Lettern in Goldfarbe hervorgehoben, so dass dort nun zu lesen ist: „Versuchsanstalt für immer.“ Eine Versuchsanstalt für andere Formen des Zusammenlebens und -arbeitens, für eine ganzheitliche Gesellschaft und Politik, für eine offene Idee von Kunst und Kultur.
So machen wir nun auch weiter. Aus einem Zufall heraus. Der Zufall ist die WUK-Sanierung, oder der Anlass, ein geplanter Zufall sozusagen. Die Baustelle fordert das WUK, alle Gruppen, Einzelpersonen, den Kulturbetrieb. Alle müssen raus, in unterschiedlichen Phasen; und dann wieder zurück, im Zeitplan, wenn der sich nicht verändert. Manche waren weg und sind schon wieder da. Dadurch tut sich was, es ändert den Blick auf das, was noch oder wieder da ist.
Die Baustelle fordert Flexibilität, sie fordert ein neues Denken und ein neues Miteinander. Sie ruft nahezu danach, alles anders zu sehen, neu. Nun also wir, der Kulturbetrieb. Jetzt müssen wir vorüber gehend raus. Aus den Veranstaltungsräumen. Auch sie werden saniert. Kein Strom, keine Räume = keine Veranstaltungen? Nein! Wir wollen was tun, was Neues probieren. Zusammen. Alle in einem Raum. Die Kunst, die Musik, die Performance, die Kinderkultur. Im Projektraum. In der „VERSUCHSANSTALT“: Anstalt veranstalten. „Der Umbau stellt die gesamte räumliche Funktion/Situation in Frage. … Scheinbar ist man nicht mehr mit dem Programm beschäftigt, sondern mit Logistik, Zugang und Ermö glichen des laufenden Betriebs.“ (Six und Petritsch) Für die „VERSUCHSANSTALT“ installieren Nicole Six und Paul Petritsch einen „Shared Space“ im Projektraum. Dieser besteht aus Plakaten, Arbeitsraum, Bar, Veranstaltungs- und Ausstellungsraum. Für alle was dabei. Zum Ver-wenden, Uminterpretieren, Bearbeiten und neu Arrangieren.
Haben wir genug Zeit? Wie wird das werden? Konzerte und Performances in den Ausstellungen. Ohne Bühne. Dazwischen, zwischen den Kunstwerken. Kinder wuseln, arbeiten mit Material. Die Plakate stapeln sich. Einzelstücke und Seriendrucke. Info und Kunstwerk. Wir freuen uns darauf, sind aufgeregt. Über ein paar Wochen hinweg wächst die erste Ausstellung in der „VERSUCHSANSTALT“. Performativ angelegt, kollaborativ. Ein Ping-Pong. Künstlerinnen von außerhalb mit einer Künstler_in bzw. einer Werkstätte aus dem WUK. Zusammengespannt. Mehrere Blind Dates. Es gibt so vieles hier. Vielleicht ein Ausblick, wie in Zukunft gearbeitet werden könnte? Die Interventionen reagieren aufeinander, mischen sich ein, verschränken sich genreübergreifend oder verhalten sich in Distanz zum Im-Raum-Vorhandenen. Nach einem krachigen Abschluss von Katrin Euller aka Rent mit Didi Kern und Philipp Quehenberger wird der Mai ein paar größere Konzerte und Performances bringen.
Die „VERSUCHSANSTALT“ geht weiter. Bis in den Herbst 2023. Mit Ausstellungen, Konzerten, Performances und Kinderprogramm.
VERSUCHSANSTALT
April bis November 2023, Projektraum
Eröffnung: Do 13.4., 19 Uhr
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