Wie ist es eigentlich, öffentlich ein Bad zu nehmen?

Vor einigen Jahren hast du mit deiner Arbeit Social Pool, die sich mit gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen auseinandersetzt, ein Schwimmbecken mitten in die Mojave Wüste gebaut. Du hast auch den Neptun Wasserpreis 2017 dafür erhalten, der die Bedeutung der Ressource Wasser für Wirtschaft, Kunst und Gesellschaft verdeutlichen soll. Welche Bedeutung hat Wasser für dich und was findest du spannend daran es bei der Umsetzung künstlerischer Projekte einzusetzen?
Pools sind ein Statussymbol und Wasser in vielen Gegenden ein Luxusgut. Sowohl bei Social Pool als auch bei FBK ist Wasser nur ein Teilaspekt der künstlerischen Arbeit. Beim einen ging es darum, welche Anstrengungen man gewillt ist auf sich zu nehmen, um ein Luxusgut, wie einen versteckten Pool in der Wüste zu erreichen und beim anderen wird der Pool zur Bühne, die Badenden zu Akteur*innen, die Passanten zu Zuseher_innen.

Du beschäftigst dich in deinen Arbeiten häufig mit Transformation von Räumen. Inwiefern spielt die Transformation bei FBK eine Rolle?
Es stimmt, gerne versuche ich Ausstellungsräume, Orte oder Situationen zu konterkarrieren, Erwartungshaltungen zu brechen. Die Kunstzelle wird auf den ersten Blick nicht wieder zu erkennen sein, da sie umgelegt eine ganz neue, ungewohnte, räumliche Erfahrung darstellen wird. Ihre Form und Funktionalität - die Tür etwa dient tagsüber als Sonnendeck und nachts als versperrbare Abdeckung - bleibt aber erhalten.

Die Arbeit FBK thematisiert die „Selfiekultur“ und soll einen Diskurs über die zur Schaustellung des eigenen Körpers entfachen. Was genau ist die Fragestellung, die dich dabei interessiert?
Die Kunstzelle ist nicht viel größer als eine Badewanne. FBK ist deshalb eher eine Badewanne im öffentlichen Raum als ein Freibad. Badewannen befinden sich gewöhnlich in Badezimmern, die zu den intimeren Wohnräumen zählen. Bei FBK wird der intime Akt des privaten „Entspannungsbads“ öffentlich gezeigt. FBK bietet Platz für maximal zwei Personen. Diese zwei Personen sind nicht zwei von vielen, sondern es sind DIE zwei, die unübersehbar den Pool nützen. Durch die Benützung des Pools verlieren sie temporär ihre Anonymität. Eine erfrischende Abkühlung an heißen Sommertagen wird nicht immer die Hauptmotivation der Badegäste sein, sondern eher, so glaube ich, das Interesse am Gefühl, wie es ist, öffentlich ein Bad zu nehmen: Wer und wie viele Personen sich im Pool „in Szene setzen“ werden, bleibt offen.

Wir leben in einer Zeit eines außergewöhnlichen Körperkults, in der Jugend und körperliche Attraktivität eine große und wichtige Rolle beigemessen wird. Die Digitalisierung erlaubt es uns, Fotos leicht und einfach zu retuschieren oder aus tausenden das „schönste“ auszuwählen und rasch und unkompliziert via sozialer Medien einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Dabei wird eine Realität vor Augen geführt, die es so gar nicht gibt. Normal ist nicht mehr, was der Mehrzahl der Bevölkerung zu Eigen ist – „normal“ entspricht jetzt dem Aussehen der auf dem Cover der jeweiligen Zeitschrift abgebildeten (digital bearbeiteten) Personen. Was unseren modernen Schönheitswahn am meisten von allen seinen Vorgängern unterscheidet, ist die Tatsache, dass Schönheit durch den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt in einem Maße machbar geworden ist, wie das zu keiner Zeit vorher auch nur denkbar gewesen wäre.

In der mit Wasser befüllten Kunstzelle darf dann auch gebadet werden. Wie verhinderst du, dass dies nur zum Unterhaltungsmoment verkommt? Wie sollen die zufälligen Performer_innen angehalten werden über die von dir intendierten Themen zu verhandeln? Oder ist es auch einfach ok Campari Soda im Kunstzellenpool zu schlürfen?
Alles ist erlaubt und alles ist erwünscht. Da nicht nur die Badenden, sondern auch die Passant*innen (zwangshalber) zu den Rezipient_innen zählen, ist das Interpretations- und Erfahrungsspektrum weit gefächert. Jede_r wird sich ihre_seine eigene Meinung bilden und das ist gut. Historische - vom römischen Bad bis zum Wiener Tröpferlbad - soziale, ästhetische, hygienische, kulturelle, religiöse und viele andere Aspekte sollen Teil des Diskurses werden.

Wird es bei der Eröffnung der Kunstzelle ein performatives Element geben? Oder anders gefragt: wirst du selbst in den Pool steigen?
Aber sicher! Bei jedem Wetter.

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