Jugendcoaching für junge Menschen mit Autismus Spektrum Störung

Ein kleines Kind steht vor einer großen Stiege

Jugendcoaching für junge Menschen mit Autismus Spektrum Störung

So vielfältig wie das Spektrum

Seit 2017 bietet WUK CoachingPlus Jugendcoaching für Jugendliche und junge Erwachsene mit Autismus Spektrum Störung an. Begonnen wurde mit einem Kollegen, seither ist dieser Bereich aufgrund des Bedarfs gewachsen und mittlerweile arbeitet ein Kleinteam mit dieser Zielgruppe.

Die Ausprägungen autistischer Menschen sind sehr unterschiedlich. Aufgrund der individuellen Art und Schwere der Behinderung ergeben sich daher völlig unterschiedliche berufliche Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten. Dies bedeutet für jeden Fall die Erarbeitung eines individuellen Entwicklungsplanes.

Nur sehr wenige junge Menschen mit Autismus sind in der Lage unmittelbar nach Beendigung ihrer Schullaufbahn einer Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt nachzugehen. Neben der rein beruflichen Qualifizierung steht das Training von sozialen, lebenspraktischen und kommunikativen Kompetenzen im Vordergrund.

Autistische Menschen verfügen über teils besondere Fähigkeiten, die eine Eingliederung in die Arbeit wesentlich erleichtern. Sie verfügen über eine sehr gute Beobachtungsgabe und sind sehr gut im Erkennen von Details. Darüber hinaus zeigen sie ausgezeichnete traditionelle Arbeitstugenden, wenn es sich um ihr Interessensgebiet handelt. Sie können sich sehr gut konzentrieren, arbeiten sehr genau und gewissenhaft, sind zuverlässig und pünktlich. Teils verfügen sie über eine besondere Merkfähigkeit und visuelle Gedächtnisleistung, wobei teils auch ein fotografisches Gedächtnis zu beobachten ist. Auch zeigen sie eine große Bereitschaft und Ausdauer bei repetitiven Tätigkeiten. Ihr Interesse an mechanischen Dingen, an Spezialthemen oder die Bevorzugung von bestimmten Gerüchen und Materialien prädestiniert sie für besondere, ausgewählte Tätigkeiten und Nischenbereiche.

Wie erfolgreich sie in eine berufliche Tätigkeit und eine Berufsausbildung eingegliedert werden können ist neben ihren eigenen Fähigkeiten zum einen abhängig von der sozialen Unterstützung, die sie am Arbeitsplatz erhalten. Daneben sollten die Personen, welche die Unterstützung leisten, über ein Basiswissen und Know-How über Autismus verfügen – wobei hier neben Arbeitgeber_innen, Ausbilder_innen und Kolleg_innen auch Jugendarbeitsassistenz, Jobcoaching und Berufsausbildungs­assistent_innen miteinzubeziehen sind.

Einige Menschen mit Autismus können keine Berufsausbildung erfolgreich absolvieren, sondern besuchen Einrichtungen der Tagesstruktur. Die arbeitstherapeutische Struktur unterstützt sie dabei, ihre individuellen Fähigkeiten durch unterschiedliche Tätigkeiten zu erhalten und weiterzuentwickeln.

Auch wenn alle Fördermöglichkeiten zur beruflichen Integration genutzt werden, kann eine reguläre Berufsausbildung für manche autistischen Personen überfordernd und  ein Beschäftigungstherapieplatz wiederum unterfordernd sein. Für sie ist eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anzustreben, mit dem Ziel, zumindest eine Teilqualifizierungslehre absolvieren zu können.

Neben dem Finden einer passenden Berufsausbildung und Eingliederung ist die Organisation einer individuellen Arbeitsumgebung von zentraler Bedeutung. Wichtig für die Zielgruppe ist ein hoher Anteil an Planung, Vorhersagbarkeit, Systematik und die Reduktion von stressproduzierenden Faktoren auf ein Minimum.

Besondere Fragestellungen ergeben sich im Bereich der Arbeitsbedingungen wie jene der Arbeitsgruppe (überschaubar, vermittelnde Vertrauensperson), des Arbeitsraumes (wenig Ablenkung, kaum Lärm, eventuell abgetrennter Arbeitsbereich), eines Tages- und Aufgabenplanes (Zeit zum Erfassen der Arbeitsinformation, möglichst schriftliche Vorgaben, übersichtlich, gleichmäßig wiederkehrend), der Arbeitszeit (regelmäßig, sukzessive ansteigend) und des Arbeitsergebnisses (an der Qualität gemessen, abgesprochene Zeitangaben, Leistungsfähigkeit kann variieren).

Weitere Bereiche betreffen Hilfe- und Strukturierungsleistungen bei neuen Arbeitsinhalten, wobei hier insbesondere der arbeitstechnische Bereich (Einführung in neue Arbeitsabläufe, Erlernen der Sicherheitsbestimmungen, Umstellungsprobleme usw.) sowie der soziale Bereich (Kontaktaufnahme, Hilfe in Konfliktsituationen, Arbeitstaggestaltung, Einfügen in Struktur und Betriebshierarchie) zu beachten sind.

Ein weiteres wesentliches Ziel bei CoachingPlus stellt die Suche nach längerfristigen Kooperationen mit Firmen dar, welche von den speziellen Fähigkeiten und Kompetenzen autistischer Menschen, wie Blick fürs Detail, Ausdauer und systematische Herangehensweise, profitieren könnten. Die Erfahrung zeigt, dass im Grunde beruflich nichts ausgeschlossen werden kann und auch prinzipiell die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Integration auf den Arbeitsmarkt durchaus gegeben wären.

Bei CoachingPlus wird zusätzlich zur Beratung eine wöchentliche Gruppe „soziales Training für Jugendliche mit Autismus Spektrum Störung“ angeboten. Hier sollen die Jugendlichen die Möglichkeit erhalten in geschützten Rahmen soziale Erfahrungen zu sammeln und Sozialverhalten zu üben. Ziel ist es soziales Verhalten verstehbar und anwendbar zu machen. Die Inhalte des Trainings richten sich auf die Schwierigkeiten, mit denen Jugendliche und junge Erwachsene im Schul- und Arbeitsalltag konfrontiert sind. Sie sollen mehr Selbstwertgefühl entwickeln, andere Betroffene mit ähnlichen Schwierigkeiten kennenlernen, sich austauschen und voneinander lernen. Psychoedukation steht inhaltlich im Mittelpunkt.

Beratungsschwerpunkte:

  • Suche nach passenden weiterführenden Angeboten, wobei – entsprechend dem Spektrum – es hier um Jugendliche und junge Erwachsene geht, welche von Schwer- und Mehrfachbehinderungen bis hin zu solchen mit Maturaniveau reichen
  • Herausfordernd sind jene Personen, wo eine Diskrepanz zwischen dem sozialen Verhalten und ihrem intellektuellen Niveau besteht.
  • Suche nach speziellen Therapie- und Fördermöglichkeiten
  • Suche nach passenden Freizeitangeboten
  • Informationsweitergabe über spezifische Fördermöglichkeiten bei Autist_innen an unterschiedlichste Träger, wie zb. AusbildungsFit, Tagesstruktureinrichtungen, Nachreifungsprojekte
  • Unter den autistischen Personen sind Männer deutlich häufiger betroffen wie Frauen, was auch im Jugendcoaching zum Ausdruck kommt. In der Beratung wird methodisch der Gender- und Diversitygedanke verfolgt und berücksichtigt.

Die berufliche Qualifizierung von Menschen mit Autismus ist machbar und ist neben dieser reinen Feststellung auch eine Frage der gesellschaftlichen Verantwortung!

Text: Claudia Wanke, Anna Heinzle und Jörg Wiedenhofer, WUK CoachingPlus

Diese Maßnahme wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanziert.

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