Im Auftrag der Fotografie

Ausschnitt aus: Anja Manfredi, aus der Serie: Untitled (RED, rethinking Maria Montessori), 2018–2019, C-Print

Im Auftrag der Fotografie

Die Fotogalerie Wien feiert 40 Jahre

Seit 40 Jahren engagiert sich die Fotogalerie Wien im WUK für die Fotografie, ihre Themen und vor allem ihre Künstler_innen. Mit dem 40. Jubiläum blickt das Kollektiv in die Zukunft der Fotografie.

Seit 40 Jahren engagiert sich die Fotogalerie Wien im WUK für die Fotografie, ihre Themen und vor allem ihre Künstler_innen. Wer mit Fotografie zu tun hat, kommt um die Fotogalerie nicht herum. In hunderten Ausstellungen, Publikationen, Artists Talks und Festivals wurden seither rund 2.800 Künstler_innen gefeatured und kein Ende ist in Sicht – mit dem 40. Jubiläum blickt die Fotogalerie Wien in die Zukunft der Fotografie.

Text: Ruth Horak

In den 1980er-Jahren war Europa vom Fieber gepackt: Fotografie als Kunst. Mit ihren erzählerischen Inszenierungen und großen Formaten eroberte sich die Fotografie einen Platz als gleichwertiges Medium an der Seite von Malerei und Bildhauerei. Im Ausstellungsbetrieb und in den Curricula der Universitäten war sie noch kaum berücksichtigt, aber die Aufbruchsstimmung war offenkundig und der Aufstieg des Mediums nicht mehr aufzuhalten.

Hungrig nach Fotografien

Von diesem Spirit geleitet, gründete der Künstler und Designer Josef Wais 1981 die Fotogalerie Wien als eine Plattform, auf welcher sich eine glühende Szene zusammenfinden und austauschen konnte und damit der Fotografie die gebührende
Aufmerksamkeit und ein neues Publikum schenkte. Und Josef Wais befand sich damit in bester Gesellschaft: Fast gleichzeitig wurden der Fotohof in Salzburg und die Camera Austria in Graz gegründet. Alle drei sind bis heute maßgeblich am Diskurs
über die Fotografie beteiligt. Die Umtriebigkeit der damals neuen Institutionen hat zum Selbstverständnis beigetragen, mit dem heute die Fotografie als Kunst akzeptiert ist.

Sissa Micheli, Scenario of Existence #4, 2020, archivfester Pigmentdruck
G.R.A.M., Aluhut (William Wegmans Man Ray With Tinsel), 2021, SW-Prints auf Baryt, koloriert

Das Programm entsteht kollektiv

Seit ihrer Gründung wird die Fotogalerie Wien von generationenübergreifenden Kollektiven geleitet, die gemeinsam das Programm bestreiten – mit Susanne Gamauf als langjähriger Obfrau an der Spitze. Sie planen Gruppen- und SOLO-Shows, fördern damit Karrieren von Upcoming Artists, zetteln Austauschprojekte an, kontextualisieren in bis dato 326 BILDER-Magazinen und 63 Katalogen die gezeigten Werke, legen Editionen auf und richten für Mid-Career Artists retrospektive WERKSCHAUEN aus.
2019 initiierten sie die neue Biennale PROPELLER für Kunststudierende in Österreich. Die Grenzen des Mediums dürfen durchlässig gedacht werden, sodass auch Performances und Filme im hauseigenen Kino Teile des Programmes sind.

Eine ganz besondere Zeit

Die Künstler_innen, die die Fotogalerie Wien geprägt haben, gehören jener (privilegierten) Generation an, für die einerseits die analoge Fotografie noch selbstverständlich war/ist und die andererseits sämtliche Änderungen miterleben durften oder mussten: die Entwicklung der digitalen Apparate oder so manches Ende, wie jenes der großen Fotokonzerne Kodak und Polaroid. Unweigerlich reflektierten Sie darüber, wie sich der Shift von der analogen zur digitalen Fotografie auf ihre Arbeitsweisen auswirkte. Zu ihnen gesellten sich mehr und mehr Digital Natives – sie denken die Fotografie breiter und sehen sie als eines von vielen „bildgebenden Verfahren“ mit unzähligen Anwendungsbereichen, oder sie feiern das Comeback des Analogen, begreifen das Analoge als neue Herausforderung und als Kontrast zur Fotografie als Nachricht. An den Digital Natives liegt es jedoch auch, die schwierige Frage zu beantworten, wie sich die Omnipräsenz der Fotografie auf die Fotografie als Kunst auswirkt. Denn seit alle fotografieren scheint es, als würde die Fotografie ihre Daseinsberechtigung vor allem in der Kommunikationsabteilung finden.

Birgit Graschopf, Scarpa, 2021, Detail
Roberta Lima, aus der Serie: Bright – Sun Walk at Midnight, 2021, C-Print

Wohin geht die Fotografie?

Auf diese großen Entwicklungen, aber auch auf kleinere Themen reagiert das Kollektiv der Fotogalerie Wien schon seit 1993 und setzt thematische Schwerpunkte, die in je vier Gruppenausstellungen jährlich verhandelt werden: Wohin geht die Fotografie und was bewegt die Künstler_innen? Ist es die unüberschaubare Fülle an Bildern, die in Themen wie Aneignung (2012) und Collage (2017/18) mündeten, oder die Liebe (2008), Rituale (2019/20), Biografien (2014), in welchen die Fotografie zur ganz persönlichen Ausdrucksweise wurde?
Ist es das Licht (2016) als Voraussetzung für jede Fotografie, oder sind es Dokumentation (2003) und Abstraktion (1999)? Alle Themenschwerpunkte sind in ausführlichen Katalogen nachzulesen. Dass Visionäres in der Fotogalerie geschätzt wird, verrät
der Titel einer kürzlich gezeigten Ausstellung: Zukunftsmusik.

*

Ruth Horak ist Kunsthistorikerin und Autorin mit den Schwerpunkten konzeptuelle Fotografie und Medienreflexivität.

Ab 22. November 2021 werden 40 Jahre Fotogalerie Wien gefeiert: mit 40 Künstler_innen, 40 Arbeiten, 40 verschiedenen Plakaten im Stadtraum und 40 Events, die die Jubiläumsausstellung bis 15. Jänner 2022 begleiten.

40 Jahre Fotogalerie Wien
Rückblick – Umblick – Blick in die Zukunft
Ausstellung, Talks, Installationen, Filme u.v.m.
Mo 22.11.2021 bis Sa 15.01.2022
Fotogalerie Wien

Die im Text und in der Galerie gezeigten Bilder sind eine Auswahl aus 40 Plakatmotiven der Jubiläumsausstellung.

Links

Die Fotogalerie Wien ist Mitglied des selbstverwalteten Bereichs Bildende Kunst im WUK.
www.fotogaleriewien.at

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