„Ich bin nicht allein mit meinen Gedanken“
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Wenn Jugendliche beginnen, über Vergänglichkeit zu sprechen, entsteht ein besonderer Raum. Sie finden Worte für Fragen, die viele Erwachsene eher umgehen, und schaffen damit einen Zugang, der berührt und zugleich überrascht. Im Austausch miteinander entsteht ein Gefühl von Nähe, das zeigt, wie wertvoll es ist, unterschiedlichen Stimmen aufmerksam zuzuhören. Diese Offenheit prägt auch die aktuelle Performance „That it will never come again makes life so sweet“ von Laia Fabre, in der persönliche Erinnerungen und alltägliche Momente miteinander verwoben werden.
Das folgende Gespräch entstand während der Proben im vergangenen Herbst. Dramaturgin Selina Shirin Stritzel sprach mit den fünf Jugendlichen, die ab 9. Jänner im großen Saal auf der Bühne stehen, über Erfahrungen aus der Corona-Zeit, ihre Gedanken zum Tod und den gemeinsamen Arbeitsprozess.
Selina: Wie ihr wisst, ist die Projektidee in Zeiten von Corona entstanden. Das Thema Tod war plötzlich allgegenwärtig – auch für junge Menschen, die sonst kaum damit konfrontiert sind. Könnt ihr euch erinnern, wie es euch damals ging?
Maya (18 J.): In Brasilien sind damals viele Menschen gestorben. Das hat mich sehr beschäftigt. Ich habe viel gemalt, um damit umzugehen, und viel Musik gehört, um klarzukommen.
Vincent (18 J.): Ich erinnere mich, wie ich in der Straßenbahn gelesen habe, dass in Österreich der erste Mensch an Corona gestorben ist. Da wurde mir klar, dass das etwas Ernstes ist. Ich hatte vor allem Angst um meinen Opa, aber insgesamt war das Thema für mich nicht so präsent.
Hannah (15 J.): Ich war neun oder zehn und auf dem Land, wo alles weit weg schien. Einmal hatte ich einen Albtraum, dass alle außer mir sterben. Das war schlimm – diese Vorstellung, dass niemand mehr da ist.
Sebastijan (14 J.): Bei uns in der Familie hatten alle gleichzeitig Corona, außer mir. Da hatte ich kurz Angst um meine Großeltern. Sonst fand ich es einfach blöd, dass man nicht raus durfte.
Kisha (13 J.): Für mich war Corona irgendwie „the time of my life“. Es war scary, aber auch witzig – heimlich in den Park zu gehen, das war aufregend. Low-key traumatisch, aber auch lustig.
Selina: Wie erlebt ihr den Probenprozess?
Kisha: Mein Highlight ist, neue Sachen auszuprobieren. Mein Lowlight: sie tausendmal zu wiederholen (lacht).
Vincent: Ich liebe das Tanzen. Nur das frühe Aufstehen am Wochenende ist schwer.
Hannah: Ich liebe Bewegung, Singen, Musik – und über solche Themen zu reden. Frustrierend ist es, wenn wir nicht gemeinsam starten.
Sebastijan: Tanzen und Singen sind super, aber Texte und Gedichte sind nicht so meins.
Maya: Ich mag die Choreos und das gemeinsame Musikmachen mit Keyboards und Synthesizern. Es ist schön, wieder zu tanzen und mit allen zusammenzuarbeiten. Love you all!
Selina: Und hat sich euer Blick auf den Tod verändert?
Sebastijan: Jeder trauert anders. Ich war traurig, als meine Tante gestorben ist, aber ich musste nicht weinen – meine Mutter war darüber verärgert.
Selina: Ja, niemand kann vorschreiben, wie man trauert.
Vincent: Ich bin jetzt viel entspannter mit dem Thema. Auch Tanzen und Singen vor anderen macht mich selbstbewusster – nicht nur auf der Bühne.
Hannah: Ja, wir sind wirklich ein Team geworden.
Maya: Ich verbinde das Stück mit Musik – und mit euch. Durch die verschiedenen Perspektiven habe ich meine eigene Beziehung zum Tod verändert. Ich bin nicht allein mit meinen Gedanken, und vieles, was ihr sagt, nehme ich mir zu Herzen.
Kisha: Ich bin auch viel selbstbewusster geworden und denke oft an unsere Gruppe. Vincent: Ich bemerke, dass ich im Alltag öfter über den Tod nachdenke – bei Liedern oder Filmen.
Maya: Am Anfang dachte ich, es würde eine belastende Arbeit werden – ein Stück über den Tod. Aber es ist ein sehr positives Umfeld, und ich habe viel über mich und andere gelernt.
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