MEGA (Make Europe Great Again)
Auch für Ogris Debris wurden die Hebel in Bewegung gesetzt. Denn ja, Qualität setzt sich durch, aber wenn es Katalysatoren gibt, kann es eben deutlich schneller passieren. Sieben Jahre ist es inzwischen her, dass das Duo mit dem Song „Mietzekatze“ am Höhepunkt der Deep-House-Welle einen veritablen Clubhit landen konnte. Seither gab es eine Serie erstklassiger Singles, auf ein Album musste man aber lange warten – bis letztes Jahr „Constant Spring“ veröffentlicht wurde. Das hat noch einmal für Schub gesorgt. Ogris Debris wurden deshalb von Europavox-Partnern nach Brüssel eingeladen, ganz im Sinne der transeuropäischen Kooperation. Und so schlecht dürfte es nicht gewesen sein. Heuer wurden sie nicht nur nach Clermont-Ferrand geholt, um dort eine Solo-Show zu spielen, für das Europavox Vienna waren sie ebenfalls die logische Wahl.
Und vielleicht entsteht sogar eine Freundschaft zwischen dem Duo und Jacques, der das das Lineup in Wien vervollständigt. Der Ansatz der beiden ist durchaus vergleichbar, beide nehmen sich Tanzmusik und drehen sie ein paar Male um die eigene Achse. Die Grooves und Rhythmen klingen bekannt, aber dahinter wird immer experimentiert, im Songaufbau, der Dynamik oder mit Sounds. Nicht um des Experiments willen, sondern für Hörerinnen und Hörer, die sich zu housigen Songs nicht einfach nur die Nasenschleimhaut wegziehen wollen. Beide schreiben Songs mit Witz, bei Jacques ist nur rein äußerlich schon klar, dass er selbst mit Klamauk kein Problem hat. Der Scheitel ist rasiert. Seine Single „Dans La Radio“ erschien mit Versionen in Russisch, Esperanto, Arabisch und Mandarin.
Als eine Gruppe von Journalisten beim heurigen Europavox diskutierte, ob der Euro denn vor allem Gutes gebracht habe, war die spontane Antwort, natürlich, in einem derart verflochtenen Wirtschaftsraum sei Krieg viel schwerer möglich. Aber, aber, so eine Journalistin aus Bosnien, das dachten sich auch viele in Jugoslawien, es gab die gemeinsame Währung, bis der Bürgerkrieg ausbrach und die Union zerfiel. Ja, bumm. Garantien gibt es natürlich keine, dass Menschen nicht lieber gegeneinander Krieg führen statt gemeinsam Lieder zu singen. Aber solange es heute so einfach möglich ist, dass Bands aus Rumänien, Frankreich und Österreich dieselbe Bühne teilen, solange machen wir als Europäer_innen etwas richtig.
Text: Stefan Niederwieser