Kinder stören auch gerne und das passt gut zu dieser Arbeit
Du bastelst für deine Performances und Installationen immer wieder absurde Objekte: von der Shakespeare rezitierenden Topfpflanze über einen rauchenden Tisch oder einen – beim Ausfalten – kichernden Meterstab. Wie entstehen diese Gegenstände und was ist dein bisheriger Favorit?
Die meisten entwickeln sich aus dem Umgang mit den Gegenständen selbst heraus. Aus den Vorhängen im Stück "numbers in pieces"sind zum Beispiel Kugelmenschen entstanden, als wir die heruntergefallenen Vorhänge zusammenlegen und aus dem Weg räumen wollten. Die Vorhang-Kugelmenschen gehören zu meinen Favoriten. Dann wären da noch die Maßstab-Scheibenwischer. Die habe ich mehrmals umgebaut. Zuletzt habe ich auch Hände daran montiert. Aus den Scheibenwischern ist so ein kinetisches Objekt entstanden bei dem sich zwei Hände immer nur fast die Hand gegeben haben.
Deine Objekte hinterfragen gerne unsere Wahrnehmung und verbinden diese auch auf ironische Weise mit Texten. Nonsense und Sprach-Dekonstruktionen stehen auf dem Plan. Wer sind da deine künstlerischen Vorbilder?
Wer mir sehr gut gefällt ist zum Beispiel der Bildhauer Georg Herold, vor allem wie er seine Arbeiten betitelt. Da sind die Betitelungen der Arbeiten selbst schon Kunstwerke an sich. Ansonsten sind es mehr und mehr literarische Einflüsse, sei es die Wiener Gruppe oder der russische Futurist Velimir Chlebnikov. Auch Gertrude Stein ist ein wesentlicher Einfluss. Literatur wird insgesamt für meine Arbeit immer wichtiger.
Der Standard bezeichnete die Künstlerin einmal als „Meisterin der Sprach-, Zeichen- und Bedeutungszerlegung“, deren „Gesprächsgegenstände die Logik der Gebrauchs-kommunikation mit Witz ad absurdum führen“.
Deine neue Arbeit kreist um einen Monolog. Wie kann man sich das vorstellen?
Wir arbeiten gerade daran. Das wird ein Monolog, der über das Sprechen selbst spricht. Der Monolog ist nicht lange und dreht mehrere Runden, beginnt also immer wieder von vorne, sobald er zum Ende gekommen ist. Gleichzeitig führt der Raum sein Eigenleben, es passieren Dinge und rund um den Monolog herum verändert sich ständig etwas. Die Vorgänge stören den Monolog, aber manchmal passen sie auch dazu. Man kann sich nicht sicher sein. Es kommt auch zu Angriffen. Da geht es um ganz grundlegende Fragen: Wie greifen Sprache und Wirklichkeit ineinander? Wie kommen Bedeutungen zustande? Wie kann man sicher sein, was gemeint ist? Wie sagt man, was man meint? Wie meint man, was man sagt? Wer ist man? Wie sieht man? Wie hört man? Wie können wir uns überhaupt verständigen? Das sind ganz existentielle Fragen. Oder – um Paul Watzlawick zu zitieren – „Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“
In deiner neuen Performance sind auch Kinder beteiligt. Wie bist du auf die Idee gekommen mit Kindern zu arbeiten?
Ich habe meinen 7-jährigen Sohn zum Arbeiten mit ins Studio genommen. Dort liegen und fliegen überall Buchstaben, Buchstaben-Objekte und Buchstaben-Schnipsel herum. Ich war fasziniert, was er in den paar Stunden alles daraus gemacht hat. Er lernt gerade lesen. Kinder haben noch so einen freien Zugang zur Sprache, sie sind noch nicht so konditioniert. Kinder pfeifen auf korrekte Wortzusammensetzungen. Alles wird hinterfragt. Kinder stören auch gerne und das passt gut zu dieser Arbeit.
Andrea Maurer
"If What Could Be Is How Why Not" (Performance)
Mo 22.5., Di 23.5 und Mi 24.5., 20 Uhr